Schwarze Messe der Dämonen (OT:
L'Antichristo; AT: Der Antichrist, Italien 1974, Regie: Alberto de
Martino)
Handlung: Ippolita, die Tochter des
Aristokraten Massimo Oderisi, sitzt seit ihrem 12. Lebensjahr im
Rollstuhl. Ihr Vater hatte damals einen Autounfall verschuldet, bei
dem auch ihre Mutter starb. Jahre später, Ippolita ist nun eine
junge Frau, hat ihr Vater eine neue Geliebte, die er heiraten will.
Voller Neid schaut Ippolita auf die neue Beziehung ihres Vaters,
während sie selbst unter ihrer Behinderung und der Einsamkeit
leidet. Nach einer von einem Psychiater durchgeführten
Hypnosesitzung entwickelt Ippolita Charakterzüge einer vom Teufel
Besessenen und fängt an, ihre Umgebung zu terrorisieren...
Kritik: Der Erfolg von William Friedkins „Der Exorzist“ 1973 hat eine wahre Welle an Nachfolgern auf den Plan gerufen. Einer von ihnen ist „Schwarze Messe der Dämonen“ (AT: „Der Antichrist“) aus dem Jahr 1974. Die Italiener waren gerade in den 70er-Jahren wahre Meister darin, Rip-offs von erfolgreichen Blockbustern zu drehen. Und diese Filme waren oft gar nicht so schlecht, zeigten eine ganz eigene Atmosphäre und einen typisch italienischen Stil. „Schwarze Messe der Dämonen“ ist ein Beispiel für so einen gelungenen Film. Er geht in vielen Bereichen weiter als „Der Exorzist“ und dringt tiefer in die Problematik und Ursachen der Besessenheit ein. Der Teufel sucht sich seine Opfer nicht willkürlich aus, sondern erwählt die Personen, die ihm am anfälligsten erscheinen. Von sexueller Begierde erfüllt, sehnt sich Ippolita nach einem Mann und einer Partnerschaft. Sie versucht alles, um ihre Lähmung zu überwinden. Sie hofft auf Wunderheilung durch eine Madonnen-Statue und lässt sich von einem Psychiater hypnotisieren. Aber weder Religion noch Wissenschaft können sie von ihrem Leid erlösen. Und in diesem schwachen Moment, erfüllt von Enttäuschung, unerfüllter Begierde und Hass auf den Vater, schlägt der Teufel zu und holt sich sein Opfer. So gesehen steckt in „Schwarze Messe der Dämonen“ mehr Gesellschaftskritik als in „Der Exorzist“, und die Besessenheit ist kein quasi zufälliges Ereignis, sondern erscheint folgerichtig.
Eindringlich zeigt der Film die
Entwicklung der braven Ippolita zur vom Teufel besessenen Furie,
wobei Carla Gravina, die die Ippolita spielt, schauspielerisch eine
tolle Leistung abliefert. Setting, Kostüme, Masken und die
wundervoll atmosphärisch fotografierten Bilder tragen ihren Teil zum
gelungenen Gesamteindruck bei. Wunderbar auch, dass es hier noch
etwas abgefahrener zugeht als zum Beispiel in „Der Exorzist“:
Mal schwebt die besessene Ippolita aus dem Fenster heraus und hinein,
dann trennt sich ein Arm von ihrem Körper, schwebt durchs Zimmer und
hat nichts Gutes im Sinn. Das alles ist gekonnt inszeniert und wirkt
keinesfalls unfreiwillig komisch. Beeindruckend sind auch die Bilder
eines Teufelspakts aus dem Mittelalter, ein Ritus, in dem Ippolitas
seelenverwandte Vorgängerin, eine „Hexe“, sich dem Teufel
anbietet. Leitmotivisch zieht sich darüber hinaus das Motiv einer
geköpften Kröte durch den ganzen Film, und wir erfahren, dass nicht
nur Franzosen an dem Froschgetier ihren Gefallen finden. Oder musste
hier jemand ganz unfreiwillig eine Kröte schlucken? Wie dem auch
sei, der Film gefällt durch seinen Ideenreichtum (er ist keineswegs
ein Plagiat von „Der Exorzist“), seine Atmosphäre, eine
nachvollziehbare und spannend erzählte Geschichte und engagierte
Darsteller. „Schwarze Messe der Dämonen“ ist ein absoluter
Geheimtipp für Freunde des Exorzistenfilms.
Bilder, die im Gedächtnis bleiben:
schwebende Ippolita // schwebender Arm // geköpfte Kröte //
Selbstmord eines Besessenen // satanische Messe im Mittelalter
Bewertung: (7,5/10)