Dark Beach - Insel des Grauens (OT: Uninhabited, Australien
2010, Regie: Bill Bennett)
Kritik: Harry (Henry James) und Beth
(Geraldine Hakewill) lassen sich mit einem Boot auf eine abgelegene
Insel im Great Barrier Reef bringen. Dort wollen sie in aller
Abgeschiedenheit einen zehntägigen Liebesurlaub verbringen. Zur
Sicherheit haben sie zwar ein Satellitentelefon dabei, doch wenn sie
nichts von sich hören lassen, kommt das Boot erst wieder nach eben
diesen zehn Tagen vorbei, um sie abzuholen. Für den gemeinen
Westeuropäer ist das kein idyllischer Ort und keine ideale
Voraussetzung für einen entspannten Campingurlaub, trotz Sonne,
Strand und Meer. Doch der Meeresbiologin macht es nichts aus,
zwischen kleinen Haien, Seeschlangen, Stachelrochen und giftigen
Steinfischen herumzuplantschen, und auch ihr Freund sagt überzeugt:
„Ich habe vor gar nichts Angst!“ Diese Worte sollte man in einem
Horrorfilm niemals aussprechen ebenso wenig wie den Satz: „Ich
komme gleich wieder.“
So dauert es auch nicht lange, bis den zwei scheinbar angstbefreiten Protagonisten etwas mulmig wird. Fremde Fußspuren im Sand deuten darauf hin, dass sie nicht alleine sind. Zunächst denken sie an einen Streich irgendwelcher Kids, doch nachdem sie die Insel abgesucht haben, müssen sie feststellen, dass sich dort niemand anderes aufhält. Eines Morgens entdecken sie Aufnahmen auf ihrer Videokamera, die sie nicht gemacht haben. Ein Fremder hat Beth und Harry gefilmt, während sie schliefen. Aufgeschlitzte und auf Spieße drapierte Seegurken und der Fund einer Hütte im Inselwäldchen samt Grabstätte geben ihnen den Rest, Panik zieht auf. Doch es ist zu spät, sie befinden sich bereits im Sog von Ereignissen, die sie nicht mehr kontrollieren können.
Der stilsicheren Regie von Bill Bennett
gelingt es wunderbar, vor allem in der ersten Hälfte des Films, eine
Atmosphäre der Bedrohung zu schaffen, und das ganz ohne
Blutvergießen. Ein 360-Grad-Kameraschwenk, der mich an den aus „Tanz
der Teufel 2“ erinnert hat, macht gleich am Anfang klar, wo wir uns
befinden: an einem Ort, von dem es kein Entrinnen gibt. Die
Abgeschiedenheit des Ortes ist ein klassisches Rezept im Horrorfilm.
Dabei ist es egal, ob es sich um eine Hütte im Wald handelt, die von
einem Meer von Bäumen umgeben ist, oder um eine einsame Insel mit Bäumen, die von Meer umgeben ist, wie in „Dark Beach“.
Das
zweite klassische Problem, das jeder Horrorfilmregisseur heute zu
lösen hat, ist das der (nicht möglichen) Kommunikation. Im
Backwood-Horror ist es gerne das oft bemühte Funkloch, in „Dark
Beach“ verschwindet, Überraschung, das Satellitentelefon auf
spukhafte Weise...
Über eineinhalb Minuten dauert der erwähnte 360-Grad-Kameraschwenk, der im Grunde nichts anderes zeigt als Weite, Meer, Sand und Bäume. Und doch strahlt diese Plansequenz eine Bedrohlichkeit aus, die in bester australischer Manier an ähnlich düster-stimmungsvolle Natur-Aufnahmen aus „Picknick am Valentinstag“ (1975) und „Long Weekend“ (1978, Remake: 2008) erinnert. Was die Inszenierung betrifft, hat „Dark Beach“ in der Tat große Ähnlichkeit mit diesen Filmen. Es ist ein leiser, feiner Gruselfilm, der mit Geräuschen, guter Kameraarbeit und einer unheimlich dichten Atmosphäre subtilen Schauer erzeugt. Die Schauspielerleistungen sind eher durchschnittlich, und das Drehbuch hätte seinen zwei Hauptdarstellern an manchen Stellen besser etwas weniger einfältiges Verhalten vorschreiben sollen. Im letzten Teil von „Dark Beach“, als sich zunehmend klärt, wer oder was hinter dem Spuk steckt, fällt der Film meiner Meinung nach zwar etwas ab, aber den insgesamt guten Gesamteindruck kann das nicht trüben. Und das Ende von „Dark Beach“, an dem eines der oben genannten unsympathischen Viecher eine Hauptrolle spielt, ist zusammen mit den letzten Einstellungen wiederum sehr gelungen.
Negative
Bewertungen des Films hängen vor allem mit einer falschen
Erwartungshaltung zusammen. Es ist ein ruhiger Gruselfilm, der von
der Atmosphäre lebt und von der Identifikation mit den
Hauptdarstellern, in deren zunehmend ausweglose Situation man sich
gut hineinversetzen kann. „Dark Beach“ nimmt nur in wenigen
Momenten etwas an Fahrt auf, zum Beispiel als Fischer, die illegal
Haie schießen, auf die Insel kommen und Harry und Beth zusätzlich
das Leben schwer machen. Mir hat der Film gut gefallen, doch wem
„Picknick am Valentinstag“ und „Long Weekend“ zu
unspektakulär waren, der sollte auch von „Dark Beach“ besser
Abstand nehmen.
Bilder, die im Gedächtnis bleiben:
360-Grad-Kameraschwenk // aufgeschlitzte Seegurken
Bewertung: (7/10)