tag:blogger.com,1999:blog-55114651151231082142024-03-13T03:49:25.687+01:00Das phantastische FilmmagazinHorror +++ Science-Fiction +++ FantasyFrank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comBlogger61125truetag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-89918150433472936622018-11-26T19:23:00.002+01:002018-12-01T01:34:49.793+01:00Tuberkulosegeister vs. YouTuberkuloser<div style="margin-bottom: 0cm;">
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEikkUHfb06f-rsIvLiP5sukJ06SMZm1kyEMgGUmGZ7-8lRJ1rxJz-JUMlPtzLx4IB8x_yZ4VCC_VMBktXCWV9xKkn6Jg6cTk5bNdPHl2sjbXb1CqBuz_5AI7jwOSMt5BmhHSeafSxHQDZH6/s1600/Heilsta%25CC%2588tten.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="462" data-original-width="338" height="200" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEikkUHfb06f-rsIvLiP5sukJ06SMZm1kyEMgGUmGZ7-8lRJ1rxJz-JUMlPtzLx4IB8x_yZ4VCC_VMBktXCWV9xKkn6Jg6cTk5bNdPHl2sjbXb1CqBuz_5AI7jwOSMt5BmhHSeafSxHQDZH6/s200/Heilsta%25CC%2588tten.jpg" width="146" /></a></div>
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<span style="font-size: x-small;"><i><b>Alle Rechte an Fotos und Grafiken bei ©</b><b> 20th Century Fox</b></i></span></div>
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<b>Heilstätten</b> (Deutschland 2018, Regie: Michael David Pate)</div>
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Deutsche YouTuber halten in den Heilstätten, einem finsteren Ort in der Nähe von Berlin, eine Challenge ab, in der sie u.a. dem vermeintlichen Spuk in den Krankenhausruinen auf den Grund gehen wollen. Man entscheidet sich, dort 24 Stunden zu verbringen. Wer, vor Angst, als Erster ein Bengalofeuer zündet, hat verloren und muss, ernsthaft, einen Monat lang das essen, was die YouTuber-Gemeinde wünscht. Ja, was der Jugend halt so Spaß macht. Friss, oder stirb vor Angst. </div>
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Mit Nachtsicht- und Wärmekameras ausgerüstet, machen sich die Jugendlichen auf den Weg in die düsteren Hallen des heruntergekommenen Gebäudekomplexes, in dem zur Nazizeit furchtbare Experimente an Tuberkulosepatienten durchgeführt worden sind. Die Ausgangssituation dieses im Found-Footage-Stil (Wackelkamera) gedrehten deutschen Horrofilms ist ähnlich wie die im Jahr 2011 erschienenen GRAVE ENCOUNTERS. Dort ist es ein Fernsehteam, das sich über Nacht in eine verlassene Psychiatrieklinik einsperren lässt, um den Gerüchten über ungeklärte paranormale Phänomene nachzugehen. Natürlich gehen hier wie dort tatsächlich böse Gestalten um. Nach ersten schrecklichen Visionen geben die ersten noch im siebten Klickhimmel schwebenden YouTuber recht bald den Löffel ab. Ein Entkommen scheint unmöglich, das übliche Zehn-kleine-Negerlein-Spiel scheint seinen Anfang zu nehmen. </div>
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Gegenüber seinem Film KARTOFFELSALAT – NICHT FRAGEN! (2015) hat sich Regisseur Michael David Pate rasant gesteigert. Doch das ist keine große Kunst. Ist KARTOFFELSALAT doch eher ein Kandidat für sämtliche Goldenen Himbeeren und Ed-Wood-Gedächtnismünzen dieser Kinowelt. Bei der Internetplattform IMDb erhielt er eine Durchschnittswertung von 1,3 von 10! HEILSTÄTTEN bringt es dort immerhin auf den Wert von 4,3. Dieser deutsche Genrebeitrag ist ein weiterer netter Versuch, der aber an die Qualität des vergleichbaren, ebenfalls nicht überragenden GRAVE ENCOUNTERS nicht ganz heranreicht. Trotz eines ganz ordentlichen Drehbuchs mit einem moralischen Twist am Ende verlangt der Film vom Zuschauer doch eine Menge Geduld und Wohlwollen. </div>
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Die am Anfang besonders nervenden Darsteller, die ständig „Alder“ und „Digga“ dahernuscheln und eine Hektik und Aufgeregtheit verbreiten, die eigentlich nur noch von den Werbespots im Kinderkanal getoppt wird, machen einem den Einstieg schwer. Aber wer mal ins echte YouTube hineinschaut und entsprechende Kanäle von unter 20-Jährigen begutachtet, wird feststellen, dass die Realität hier nicht weit vom Filmgeschehen abweicht. Das anfänglich hyperaktive Generve kann man dem Film also nicht wirklich vorwerfen. </div>
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Bei der Inszenierung des Geschehens in den spukenden Heilstätten jedoch wäre mehr möglich gewesen. Der übertriebene Einsatz der Wackelkameras in Dunkelheit macht es bisweilen anstrengend, die Ereignisse zu überblicken. Man weiß manchmal nicht genau, wer gerade in welches Loch gefallen ist und wer sich grade nur den Fuß verknickst oder den Hals gebrochen hat. Hier wünschte man sich, dass es auch beim Regisseur etwas häufiger „klick“ gemacht hätte. Die statischen Kameras, die ja von den YouTubern auch aufgebaut wurden, hätte man noch geschickter einbeziehen können. Hier und da ein Tempowechsel hätte dem Film gutgetan, ebenso etwas mehr (ruhige) Atmosphäre statt Aktion, ein kreatives Spiel mit Vorder- und Hintergrund etc. </div>
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Wie viele Low-Budget-Horrorfilme krankt auch dieser an der fast nicht vorhandenen Figurenentwicklung. Es gibt niemand, mit dem man sich identifiziert, also auch niemand, mit dem man mitzittert. Im Gegenteil, so viel Dummheit, Oberflächlichkeit, Verlogenheit und das Gieren nach Klickzahlen, das schreit nahezu nach Bestrafung. Wenn einem das Schicksal der handelnden Figuren schon egal ist, sollte wenigstens etwas fürs Auge geboten werden. Gruselige Szenen, unheimliche Geister, böse Fallen. Doch auch in dieser Beziehung ist HEILSTÄTTEN allenfalls Durchschnitt, und man denkt ständig daran, was in dieser tollen Location noch möglich gewesen wäre. </div>
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Die zum Teil ganz ordentlichen Darstellerleistungen und die wirklich Angst einflößende und Grauen ausstrahlende Location sorgen dafür, dass der Film dennoch kein Reinfall ist. Zum Cast gehören u.a. Nilam Farooq (SOKO LEIPZIG, MEIN BLIND DATE MIT DEM LEBEN) und Sonja Gerhardt (JACK THE RIPPER – EINE FRAU JAGT EINEN MÖRDER, KU'DAMM 56). Und sympathisch, also richtig sympathisch ist die medienkritische Botschaft von HEILSTÄTTEN.</div>
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Wer Filme wie BLAIR WITCH PROJECT (1999) oder GRAVE ENCOUNTERS liebt, dürfte auch von HEILSTÄTTEN nicht enttäuscht werden. Er bleibt, wenn man sich drauf einlässt, trotz flacher Figurenzeichnung, bis zum Ende recht spannend. Von meiner Meinung nach wirklich guten Found-Footage-Filmen wie TROLLHUNTER (2010) oder REC (2007) ist er jedoch noch weit entfernt. Dem schwachbrüstigen deutschen Genrefilm haucht dieser Kampf zwischen Tuberkulosegeistern und YouTuberkulosern (aua!) zwar keine frische Luft ein. Doch der Fan deutscher Filmkunst freut sich ja schon über jeden Versuch, der zeigt, dass einheimische Genreproduktionen durchaus mit denen anderer Länder mithalten können. Und sei es nur mit den durchschnittlichen. </div>
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Bilder, die im Gedächtnis bleiben: blutüberströmte Frau in Badewanne // appe Nase // Motte aus dem Mund</div>
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Bewertung: (5/10)</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-80834516130579515552016-11-21T22:06:00.001+01:002018-12-01T01:35:05.263+01:00Neoexpressionistischer, phantastischer deutscher Genrefilm<br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgw3tpczThUXpoJAXQ0EkoSKZopSWQ9Iq-Ja11COfInThnVEOicMjUs-JxCmbMQIwYnRvdFILKFoN_1jMgVZJ6yGwDVwEcs4EuCh2vZx6Jyd6K0a01zTciS2p9jy2BlCiECqLcmESV5nqd6/s1600/Nachtmahr.JPG" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="443" data-original-width="356" height="200" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgw3tpczThUXpoJAXQ0EkoSKZopSWQ9Iq-Ja11COfInThnVEOicMjUs-JxCmbMQIwYnRvdFILKFoN_1jMgVZJ6yGwDVwEcs4EuCh2vZx6Jyd6K0a01zTciS2p9jy2BlCiECqLcmESV5nqd6/s200/Nachtmahr.JPG" width="160" /></a></div>
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<b><i><span style="font-size: x-small;">Alle Rechte für Fotos und Grafiken </span><span style="font-size: x-small;">bei © KOCH MEDIA</span></i></b></div>
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</b> <b>Der Nachtmahr</b> (Deutschland 2015, Regie: AKIZ)<br />
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Der Nachtmahr ist einer von diesen deutschen Filmen, die einen runterziehen und verzweifeln lassen. Einer von den wenigen, die einem immer wieder verdeutlichen, wie es um den zeitgenössischen deutschen Film bestellt ist. Und um wie viel besser es sein könnte. Belanglose Filme der „Schweigerhöfers“ und Co. beherrschen die hiesige Kinolandschaft, flache Elaborate, die aus kommerziellen Erwägungen ohne Message und besonderen Anspruch lediglich der Unterhaltung dienen und den Massengeschmack bedienen. Selbst wenn sie anspruchsvoll sein wollen, wie „Honig im Kopf“ (Deutschland 2014, Regie: Til Schweiger) und andere humoristisch aufbereitete „Problemfilmchen“, kommt nichts anderes dabei heraus als übelriechende Leinwandgülle mit einem Erinnerungsverfallsdatum von wenigen Stunden. „Honig im Kopf“ ist darüber hinaus ein Tritt in den Allerwertesten von allen Menschen, die mit echten Alzheimerkranken zu tun haben. Denn die Erkrankten geben eben nicht mit jedem Satz wahnsinnig lustige und immer passende Pointen von sich, und deren Flatulenzen sind kein Grund zum Schmunzeln, sondern stinken schnell real, verbreiten den üblen Beigeschmack von Realität, der im komödiantischen Heinz-Rühmann-Gedächtniskino à la Schweiger, Schweighöfer und Co. einfach weggelächelt wird.<br />
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Filme wie DER NACHTMAHR hingegen fristen ein Schattendasein. Obwohl sie mit geringen finanziellen Mitteln bestes deutsches Genrekino auf die dämonische Leinwand zaubern, ganz in der Tradition des guten deutschen Horror- und phantastischen Films. Der zeitgenössische deutsche Genre- und Horrorfilm müsste sich nicht neben den genialen Werken aktueller französischer und besonders spanischer Herkunft verstecken, könnte mit einem ganz eigenen Stil gleichberechtigt bestehen. Mit Schwarzer Romantik und Weimarer Kino, hier besonders dem expressionistischen Film, hatte das deutsche Kino doch die besten Voraussetzungen. Steilvorlagen, an die DER NACHTMAHR wunderbar anknüpft.<br />
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Der Inhalt des Films ist dabei gar nicht mal das Entscheidende, sondern Stilistik und Erzählweise, die gleichzeitig modern und im Sinne deutscher Filmgeschichte traditionell daherkommen. Es geht um die 17-jährige Abiturientin Tina, die nach einer ausschweifenden Party in der Küche ein vor dem Kühlschrank kauerndes Monster sieht, das ihr einen Riesenschrecken einjagt. Nur sie kann es offenbar sehen, ihre Eltern glauben ihr nicht. Zunächst möchte sie diese "Visionen" loswerden, doch mit zunehmender Filmdauer ändert sich die Einstellung zu dem harmlosen Wesen. Es entpuppt sich als eine Art Doppelgänger. Wenn sich das Monster verletzt, blutet auch Tina.<br />
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Schon mit dieser Doppelgängerthematik bewegt sich AKIZ (Achim Bornhak) ganz in der Tradition des deutschen phantastischen Films (DER ANDERE, DER STUDENT VON PRAG, SCHATTEN - EINE NÄCHTLICHE HALLUZINATION etc.). Oberflächlich erscheint DER NACHTMAHR als einfache Coming-of-Age-Geschichte mit leicht zu durchschauender Psychologie. Das Monster verkörpert all das, wovor die zunehmend auf Außenwirkung schielende, oft geistig und körperlich anorektische und feierwütige (was für ein Widerspruch!) Facebook- und Selfie-verliebte Jugend am meisten Angst hat: Häßlichkeit, Fressanfälle, Trägheit, schlechte „Publicity“ etc.<br />
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Die Geschichte wird von AKIZ jedoch so genial erzählt, mit einem Schuss bestem deutschen Expressionismus, einer Prise Lynch und einem Schuss E.T. auf Drogen, dass es eine visuelle und akustische Wonne ist. Der häufige Einsatz der Weitwinkelkamera, vor allem im Elternhaus, zeigt uns mit seinen schrägen Linien und verzerrten Perspektiven, ähnlich wie in DAS CABINET DES DR. CALIGARI übrigens, eine aus den Fugen geratene oder geratende Welt der Protagonistin, zeigt die Bilder als Phantasmagorien eines Subjekts und untermauert auch filmästhetisch bzw. stilistisch eine mögliche expressionistische Lesart. Wie in CALIGARI werden im NACHTMAHR Unsicherhieten, Konflikte, Störungen der menschlichen Seele, hier: einer Pubertierenden, nach außen gekehrt, nehmen als Monster Gestalt an. Das erinnert ein wenig an Cronenbergs DIE BRUT, in dem sich aus Aggression geborene Kindermonster als Reaktion auf einen Scheidungskonflikt und Eifersucht in der Realität manifestieren. Dennoch, so leicht macht es AKIZ den Rezensenten nicht. Durch eine Art „unzuverlässiges Erzählen“ wird der rein psychologische Interpretationsansatz in dem Moment ad absurdum geführt, in dem andere Menschen das Monster auch sehen können. Spätestens hier und auch am Ende des Films lässt David Lynch ganz herzlich grüßen.<br />
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Genremäßig lässt sich DER NACHTMAHR schwer einordnen. Als Monsterfilm gehört er auch zum übergeordneten Genre des Horrorfilms. Doch wer mit den Erwartungen eines angst- und blutgeilen Genre-Aficionados an den Film herangeht, wird enttäuscht werden. Am besten trifft meiner Ansicht nach die Bezeichnung (neo)expressionistischer phantastischer Film. Und ähnlich wie bei CALIGARI fragt man sich auch hier am Ende, was man da eigentlich gesehen hat. Aber das ist kein Nachteil. Wie in der Kunst allgemein steigt mit der Klarheit des Gesagten und Gezeigten die Deutlichkeit der Aussage. Und damit die Banalität.<br />
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Noch bevor der Film beginnt, stehen einige Hinweise auf der schwarzen Leinwand. Vor blinkenden Lichtern, isochronischen Tönen und binauralen Frequenzen wird gewarnt, die zu gesundheitlichen Problemen und epileptischen Anfällen führen können. Ein durchaus berechtigter Hinweis. Etwas wurde allerdings vergessen, dort hätte noch Folgendes stehen sollen: „Zuschauer könnten auf den Geschmack von wahrhaftigem deutschen Kino kommen. Bisher wertgeschätzte Superhelden- und kommerzielle Hollywood-Produktionen mit taktischer Dramaturgie und CGI-Einheitsbrei ebenso wie deutsche Belanglos-Komödien und historisch verfälschende Zweite-Weltkriegs-Dramen könnten ihnen nach dem Schauen zunehmend belanglos erscheinen.“ Fack, ju! Das ist deutsches Genre-Kino!<br />
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Bilder, die im Gedächtnis bleiben: Nachtmahr im Badezimmer // Nachtmahr nähert sich der schlafenden Tina // Nachtmahr und Tina im Auto // Nachtmahr vor Kühlschrank<br />
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Bewertung: (10/10)<br />
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Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-32927805889304396792015-09-28T01:27:00.002+02:002018-11-26T20:10:34.922+01:00Ein Novum in der Geschichte des Zombiefilms<div style="margin-bottom: 0cm;">
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
„<b>Maggie“</b><span style="font-weight: normal;"> (OT: Maggie, USA 2015, Regie: Henry Hobson)</span></div>
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<span style="color: black;"><i><span style="font-weight: normal;">Kritik:</span></i></span><span style="color: black;"><span style="font-style: normal;"><span style="font-weight: normal;"> Der Zombiefilm, das einst inkriminierte Subgenre des Horrorfilms, ist erwachsen und massentauglich geworden. Seit 2010 flimmert die überaus erfolgreiche und gut gemachte Serie „The Walking Dead“ bereits in mehreren Staffeln über die Fernsehbildschirme. Obwohl noch nicht beendet, tritt bereits ihr Nachfolger „Fear the Walking Dead“ in deren Fußstapfen. Endgültig Einzug ins Mainstreamkino fand das Zombiegenre mit „World War Z“ (2013). Ein Film im Blockbusterformat mit dem Weltstar Brad Pitt in der Hauptrolle. In „Maggie“ ist es eine weitere Hollywood-Größe, Arnold Schwarzenegger, die den Zombiefilm mit ihrer Anwesenheit adelt. Allein diese beiden Werke zeigen das große Potenzial des Untoten-Genres. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. „World War Z“ ist actionlastig, spielt in mehreren Ländern auf dem gesamten Globus und erzählt seine Geschichte direkt und schnörkellos. Ohne die für den Zombiefilm typischen klaustrophobischen Momente zu vernachlässigen, findet der Film doch vor allem eindrückliche Bilder für den Untergang der gesellschaftlichen Ordnung und den Zusammenbruch der Staaten. Dabei kommen besonders die Einstellungsgrößen Panorama und Totale zum Einsatz. Beängstigende Massenszenen, wie die Belagerung der Stadtmauern Jerusalems durch die Heerscharen von Untoten, brennen sich ins Gedächtnis ein. </span></span></span><br />
<span style="color: black;"><span style="font-style: normal;"><span style="font-weight: normal;"><br /></span></span></span>
<span style="color: black;"><span style="font-style: normal;"><span style="font-weight: normal;">„Maggie“ hingegen ist anders, ein ruhiger Vertreter seiner Zunft, mehr Drama denn Horrorfilm. Weltpolitik spielt hier keine Rolle, alles spielt sich im Mikrokosmos einer Gemeinde im amerikanischen Mittelwesten ab. Wer aufgrund des Namens Schwarzenegger ein Zombiegemetzel erwartet, wird enttäuscht werden. Die typische Zombiefilm-Ikonographie findet sich nur im Aussehen der wenigen „lebenden Leichen“, die es zu sehen gibt. Sich an menschlichen Innereien delektierende Untote gibt es hier nicht. Die Zombies schlurfen wie bei Romero eher langsam durch die Gegend und sind keine akute Bedrohung für die menschliche Zivilisation. Denn wer sich infiziert hat, weil er gebissen wurde, verwandelt sich sehr langsam. Das kann schon mal mehrere Wochen dauern. Erst verfault das Fleisch, dann ändert sich die Augenfarbe und erst zum Schluss ändern sich auch die kulinarischen Präferenzen. Mitmenschen riechen auf einmal nach Essen, nach leckerem Essen. Jetzt erst ist die Verwandlung komplett. Infizierte kommen in Quarantäne, wo sie mittels Todesspritze eines, so wird angedeutet, qualvollen Todes sterben. </span></span></span><br />
<span style="color: black;"><span style="font-style: normal;"><span style="font-weight: normal;"><br /></span></span></span>
<span style="color: black;"><span style="font-style: normal;"><span style="font-weight: normal;">Der gesamte dramaturgische Aufbau von „Maggie“ basiert auf dieser langsamen Verwandlung. Was Jekyll-und-Hyde-Filme oder Werwolf-Klassiker und andere Vertreter des Transformationshorrors in wenigen Sekunden, allenfalls Minuten abhandeln, gereicht „Maggie“ für die gesamte Lauflänge. Wie die Transformation von Maggie (Abigail Breslin) erzählerisch und visuell dargestellt wird, ist ein besonderes Highlight dieses Films. Weil die Zombies, lange bevor sie gefährlich werden, identifizierbar sind, stellen sie, wie gesagt, keine wirkliche Bedrohung für die Menschheit dar. Die eigentlichen Dramen spielen sich in den Familien ab, denen nicht viel Zeit bleibt, sich von kranken Mitgliedern zu verabschieden. So erfährt auch Wade (Arnold Schwarzenegger) eines Tages, dass seine Tochter Maggie gebissen wurde und sich angesteckt hat. Es bleiben maximal acht Wochen, dann wird sie sich, so denn kein Wunder geschieht, verwandeln. </span></span></span><br />
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„Maggie“ erzählt die Geschichte eines Abschieds, und es geht darum, wie Familie, Freunde und Gesellschaft mit einer ansteckenden Krankheit und dem Thema Tod umgehen. Das Gruselmoment und die Bedrohung, die von Zombies ausgeht, steigern die Spannung. Wie verbringen Vater und Tochter die verbleibende Zeit miteinander, wann ist es Zeit loszulassen, wann wird sich die Tochter in einen Zombie verwandeln und zur Bedrohung werden? Wird Wade die Kraft aufbringen, seinen Sonnenschein früh genug zu erlösen, und wann ist der richtige Zeitpunkt? Diese Fragen tragen den ganzen Film, und es ist vor allem den darstellerischen Leistungen von Breslin und Schwarzenegger, der selten so eindringlich eine Charakterolle gespielt hat, aber auch einem hervorragenden Drehbuch zu verdanken, dass „Maggie“ nie langweilig wird. Die letzte Sequenz und das Finale des Films sind so beeindruckend, dass hier nicht mehr verraten werden soll. Außer, dass es eines der beeindruckendsten und intensivsten Plädoyers für die Macht der Liebe ist, das ich seit Langem in einem Horrorfilm gesehen habe.</div>
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Im Gegensatz zu „World War Z“ erzählt „Maggie“ seine Geschichte hauptsächlich in den Kameraeinstellungen Halbtotale, Halbnah, Nah und Groß. Die Kamera sucht ständig die Nähe zu den Personen und vermittelt so die tiefen Gefühle, die hier im Spiel sind. Man ist als Zuschauer ganz nah an den Darstellern und fühlt mit ihnen, da der Regisseur der Figurenentwicklung große Aufmerksamkeit zukommen ließ. Das Verdienst von „Maggie“ ist es, das Augenmerk auf den Prozess der Transformation, der Verwandlung zum Zombie zu legen. Ein Aspekt, dem in den meisten anderen Untoten-Filmen kaum Beachtung geschenkt wird. Das ist, zumindest in der Konsequenz, ein Novum in der Geschichte des Zombiefilms. Alles in allem ist „Maggie“ ein gelungener „Arthaus“-Zombiefilm mit einem überzeugenden Arni in einer Charakterrolle. Ein Erlebnis. Und, mein Geheimtipp: Wem „Maggie“ gefallen hat, der sollte sich durchaus auch mal „Extinction“ (2015) von Miguel Angel Vivas anschauen (nicht zu verwechseln mit dem deutschen Zombiefilm „Extinction – The G.M.O. Chronicles“). Der ist zwar etwas blutiger, bietet etwas zahlreichere, zu blinden Eiswesen mutierte Zombies, ist aber von der Figurenzeichnung ähnlich gut und „gefühlig“ wie „Maggie“ und behandelt darüber hinaus ebenfalls die Vater-Tochter-Thematik.<br />
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<span style="color: black;"><i><span style="font-weight: normal;">Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</span></i></span><span style="color: black;"><span style="font-style: normal;"><span style="font-weight: normal;"> die fast völlig verwandelte Maggie nähert sich ihrem schlafenden Vater </span></span></span><br />
<span style="color: black;"><span style="font-style: normal;"><span style="font-weight: normal;"><br />
</span></span></span></div>
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<span style="color: black;"><i>Bewertung:</i></span><span style="color: black;"> </span><span style="color: black;"><span style="font-family: "times" , serif;">(7/10)</span></span></div>
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<br />Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-83114697249492380062015-03-23T18:33:00.001+01:002018-11-25T15:44:57.998+01:00Höhlenhorror à la "The Descent"<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b style="font-family: "trebuchet ms", sans-serif;">Katakomben</b><span style="font-family: "trebuchet ms" , sans-serif;"> (OT: As Above, So Below, USA 2014, Regie: John Erick Dowdle)</span></div>
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<span style="font-family: "trebuchet ms" , sans-serif;"><i>Kritik:</i> In der Tiefe, im Erdinnern, lauert nichts Gutes, das weiß man mittlerweile. In „The Descent“ (2005) von Regisseur Neil Marshall ist es eine Gruppe von jungen Frauen, die frohen Mutes eine Höhlenexpedition unternimmt. Als wegen eines einstürzenden Ganges der Rückweg nicht mehr möglich ist, suchen die sechs Freundinnen nach einem zweiten Ausgang. Diese Suche konfrontiert sie mit (Ur-)Ängsten, Paranoia, Ungeschicklichkeiten, gegenseitigem Misstrauen und den menschenähnlichen Crawlern, blinden Wesen, die sich in der Dunkelheit mittels Schall orientieren und nichts anderes im Sinne haben, als das überirdische Frischfleisch, das in ihre Sphären eingedrungen ist, zu verspeisen. Neil Marshall transportiert mit seinen Bildern die Gefühle, die mit Dunkelheit, Eingeschlossensein und Enge einhergehen, auf gekonnte Weise. Schon aufgrund der evozierten klaustrophobischen Atmosphäre lohnt es sich, „The Descent“ anzuschauen. </span><br />
<span style="font-family: "trebuchet ms" , sans-serif;"><br />
</span> <span style="font-family: "trebuchet ms" , sans-serif;">„Katakomben“ von John Erick Dowdle funktioniert ähnlich. Ein Expeditionsteam, dem, natürlich, ebenfalls der Rückweg versperrt ist, dringt immer tiefer in die Katakomben unter Paris ins Erdinnere vor. Angeführt wird die Gruppe von der jungen Archäologie-Professorin Scarlett Marlowe (Perdita Weeks), die wie besessen auf der Suche nach dem Stein der Weisen ist. </span><br />
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<span style="font-family: "trebuchet ms" , sans-serif;"><br /></span></div>
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<span style="font-family: "trebuchet ms" , sans-serif;">So besessen, dass sich der Verstand schon mal ausklinkt, wie der Zuschauer im Prolog, der im Iran spielt, sehen kann. Und damit wären wir schon bei einem Problem des Films: der etwas unglaubwürdigen und auch unterentwickelten Figurenzeichnung. Der optischen Mittzwanzigern werden Kampfkunst und diverse Doktortitel angedichtet. Einer ihrer ebenfalls sehr jungen Kollegen ist imstande, jede gefundene Inschrift stante pede zu übersetzen. Als Team sind sie unschlagbar. Die Figuren reagieren eindimensional und unlogisch, was besonders deutlich wird, als sie auf die ersten Anzeichen des Bösen treffen. Mitten auf ihrem Weg begegnen sie einem Telefon. Scarlett nimmt den Hörer und spricht mit ihrem Vater, von dem sie die wissenschaftliche Passion geerbt hat. Doch der hat sich vor einiger Zeit erhängt und weilt nicht mehr unter den Lebenden! Auch die Begegnung mit einem alten Freund der Katakomben-Guides, der seit Jahren als verschollen galt und sich zombiehaft bewegt und komisch spricht, ringt den Mitgliedern des Teams keinerlei länger währende Diskussionen ab. Schön, dass du wieder da bist! Die erschreckend blass bleibenden Figuren erinnern eher an die Charaktere eines Videospiels, ebenso das Erzähltempo, mit dem der Regisseur seine Figuren durch alle Levels hetzt. Die eindringliche Darstellung einer klaustrophobischen Atmosphäre gehört zu den Stärken des Films. Doch auch hier schöpft Dowdle das Potenzial der Geschichte nicht aus. Kaum irgendwo eingeschlossen, hat die an Lara Croft erinnernde Professorin schon das Rätsel gelöst, den einzigen Ausweg aus der Misere gefunden. Sehr schnell lernt der Betrachter so, dass man sich um die Figuren in ihrer Ausweglosigkeit keine großen Gedanken machen muss. Das nächste Level wartet schon. Doch schon halb versagt hat ein Horrorfilm, dem es nicht gelingt, den Zuschauer für seine Figuren einzunehmen. Man schaut zu und findet das alles sehr gruselig. Aber mit den Charakteren zittert man nicht mit. Wie, noch einmal: in einem Videospiel geht es nur darum, das Rätsel zu lösen, das den Ausweg weist. Je weiter die Protagonisten auf diese Art ins Erdinnere vordringen, umso näher kommen sie buchstäblich der Hölle. Eine Inschrift verkündet es ihnen sogar, doch sie befinden sich in einer Sackgasse, müssen den Weg nehmen. </span></div>
<span style="font-family: "trebuchet ms" , sans-serif;"><br /></span>
<span style="font-family: "trebuchet ms" , sans-serif;">Hier begegnen sie in Visionen den Sünden der eigenen Vergangenheit ebenso wie höllischen Wesen, die es auf sie abgesehen haben. Durch die Figur der Heldin, die alchemistische Thematik, das Höhlensetting und die Höllen-Begegnungen wirkt „Katakomben“ wie ein Hybrid aus Indiana-Jones-Filmen, „The Descent“ und „Event Horizon“ mit einer Prise „Tomb Raider“. Doch als Abenteuerfilm, der sich um den Stein der Weisen und die alchemistische Thematik dreht, reicht „Katakomben“ nicht an Indiana Jones heran. Die klaustrophobische Atmosphäre ist in „The Descent“ noch intensiver erlebbar, und die Höllenvisionen sind in „Event Horizon“ ebenfalls einen Tick besser. Der Film ist motivisch überfrachtet, dem Regisseur geht das Gefühl fürs richtige Erzähltempo verloren. Die Atmosphäre bleibt etwas auf der Strecke. Dass sie nicht gänzlich in der Dunkelheit der Katakomben verschwindet, liegt an gelungenen Bildern und der Inszenierung der Begegnung mit den Kreaturen der Unterwelt. Die Schauwerte überzeugen zum Teil, haben allerdings nicht die Zeit, sich wirklich zu setzen. Regisseur Dowdle kann besser zeigen als erzählen, ohne Zweifel. Wenn es ums Erzählen geht, passt er sich dem unterirdischen Setting an. Der Regisseur schwimmt mit auf der Modewelle des Wackelkamera-Stils, was allerdings nicht so sehr negativ zu Buche schlägt. Verfügt doch jeder der Expeditionsteilnehmer über eine Helmkamera, was für die Inszenierung alle Freiheiten lässt. Wenn man das Gehirn etwas ausschaltet, dann kann man den Film durchaus genießen. Die Zeit vergeht tatsächlich wie im Höllenflug, was an besagtem und kritisiertem Erzähltempo liegt, und zur Ehrenrettung muss gesagt werden, dass sich „Katakomben“ im Vergleich mit der Masse an sonstigen Genrebeiträgen noch auf leicht überdurchschnittlichem Niveau bewegt. Aber es wäre mehr drin gewesen! </span><br />
<span style="font-family: "trebuchet ms" , sans-serif;"><i><br />
</i></span> <span style="font-family: "trebuchet ms" , sans-serif;"><i>Bewertung:</i> (6/10)</span><br />
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<br />Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-29703581714407987752014-10-29T19:35:00.000+01:002018-11-26T19:39:42.790+01:00Die junge Iris Berben als Außerirdische<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>„Supergirl – Das Mädchen von den Sternen“</b> (Deutschland 1971, Regie: Rudolf Thome)</div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br />
<i>Kritik:</i> Da wird der Fan hellhörig: ein deutscher Film, ein später Neuer Deutscher Film, aus dem Jahr 1971 mit Iris Berben als Außerirdische, die die Welt vor einer Invasion von ihrem Heimatplaneten, dem 3. Planeten aus der Galaxie Alpha Centauri, warnen will. Doch ihr Raumschiff, eigentlich auf dem Weg nach Washington, stürzt ab. Über Deutschland, genauer: in der Nähe von München. Und sie ist die scheinbar einzige Überlebende, die nun versucht, irgendwie nach Washington zu kommen. An einer Hauptstraße steigt sie in das Auto eines Münchner Playboys. Sie macht mit der Münchner Literatenszene Bekanntschaft, lernt den Erfolgsautor Paul Evers (Marquard Blom, wunderbar!) kennen und einen amerikanischen Filmproduzenten. Der hat einen Bekannten mit Kontakten zum Weißen Haus in Washington. Diese Connection klingt für unsere Außerirdische vielversprechend. Ihre Hoffnung zerplatzt aber wie eine Seifenblase, denn natürlich glaubt ihr keiner. Und, so viel sei vorweggenommen, es gelingt ihr am Ende natürlich nicht, den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu treffen, und es gelingt ihr nicht einmal, sich aus dem Dunstkreis der Münchner Schickeria zu entfernen. Sie verschwindet so unvermittelt und leise, wie sie erschienen ist. Der Zuschauer bleibt mit einem großen Fragezeichen zurück. Eigentlich ein klassischer phantastischer Film im Sinne der Todorovschen Definition von Phantastik. Was war es nun? Übersinnlich oder doch rational erklärbar?</div>
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<br /></div>
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Regisseur Rudolf Thome soll nach der Fernsehausstrahlung viele böse Anrufe bekommen haben von Zuschauern, die sich von ihm verschaukelt, wahrscheinlich um einen spannenden Außerirdischen-Film betrogen gefühlt haben. Und in der Tat ignoriert Thome von Anfang an auf nahezu provozierende Weise sowohl das phantastische Sujet als auch, ganz im Sinne einer der Prämissen des Neuen Deutschen Films, das Gebot der inszenatorischen und dramaturgischen Perfektion. Sein Film lebt von den Charakteren (allen voran Marquard Blom), Dialogen und Situationen. Narration und Handlung interessieren den Regisseur nur marginal (ebenso wie in seinen Filmen „Detektive“, 1968, und „Rote Sonne“, 1970). Alles wirkt irgendwie improvisiert und fehlerbehaftet. Eine durchdachte Mise-en-scene findet nicht statt, auffallend häufig agieren die Darsteller mit dem Rücken zur Kamera, „Fehler“ bleiben ungeschnitten (Blom stößt beim Verlassen eines Zimmers gegen die Tür, ein Glas auf dem Tisch steht an der falschen Stelle etc.). </div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
Marquard Blom spielt in seinem weißen Anzug, den er fast den ganzen Film über trägt, sichtlich unsicher, und wenn er sich quasi permanent an Alkohol und Zigaretten festhält, dann schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe: seine offensichtliche Unsicherheit wandelt sich etwas ins Coole, und durch seine Unperfektion und Authentizität entsteht beim Betrachter ein Sog, dem man sich kaum entziehen kann. Ähnliches trifft für alle Darsteller und die ganze Inszenierung zu. Hier bewahrheitet sich eine Aussage des leider viel zu früh verstorbenen Filmkritikers Michael Althen, der im Rahmen einer Besprechung (eines ganz anderen Films) formulierte: „Das Schöne am Kino ist, dass manchmal schon die Art, wie jemand an seiner Zigarette zieht, genügt, um sich in einen Film zu verlieben. Oder wie einer einen Anzug trägt.“ Wer das nicht glaubt, sollte sich „Supergirl“ allein schon deswegen anschauen, um dazuzulernen. Überhaupt scheint Marquard Blom, wie in vielen seiner Filme, in anderen Sphären zu schweben, ein Bewohner des Planeten Sauf-und-Rauch, den das alles gar nicht wirklich betrifft. Ob die Kamera nun läuft oder nicht, ich rauche und saufe trotzdem. Rudolf Thome selbst sagt, dass Blom während der Dreharbeiten kaum zu disziplinieren war. Es ist das Verdienst von Bloms Schauspielkunst und Ausstrahlung, dass man als Zuschauer diesen großartigen Typen trotzdem nicht aus den Augen lassen mag, ihn ständig beobachtet und – auch nicht müde wird, es zu tun, selbst nach 90 Minuten noch nicht.<br />
<br />
Die junge Iris Berben spielt in erster Linie sich selbst. Ein außerirdisch gut aussehendes super Girl. Aber das außerirdische Supergirl nimmt man ihr nicht ab. Vom Regisseur offenbar wenig angeleitet, spielt sie ständig gelangweilt an ihren Haaren herum, nicht so oft wie Blom an der Zigarette, aber dennoch: Eine extraterrestrische Weltenretterin verhält sich anders. Alles wirkt irgendwie unausgegoren und undurchdacht. Die Außerirdische kennt sich in der Kolonialgeschichte der Erde aus, beherrscht die Sprache perfekt, weiß wo Washington und Moskau liegen, aber muss erst Tanzen lernen. Und die Wellen am Meer bringen sie beinahe völlig aus der Fassung vor Begeisterung. Ihre stärkste Szene hat sie am Anfang des Films in einer langen Einstellung: In einen orangefarbenen Overall gekleidet (mit nichts drunter, wie wir erst erfahren und dann sehen dürfen, ja, Iris Berben zieht fast ganz blank in „Supergirl“), erst nur als Punkt am Horizont zu erkennen, geht sie langsam auf die Kamera zu und an ihr vorbei. Ihr staksiger Gang hat dabei in der Tat etwas Fremdartiges.</div>
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<br /></div>
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„Supergirl“ ist kein wirklich gelungener Alien-Film, obwohl er von der Story her das Zeug dazu gehabt hätte und es auch einige phantastische Aspekte gibt: die Nachricht von einer Ufo-Sichtung, die Verfolger und Kontaktpersonen vom fremden Planeten, die sich anscheinend in Luft auflösen können etc. Letztendlich ist „Supergirl“ ein Spätwerk des Neuen Deutschen Films (Rainer Werner Fassbinder hat einen Cameo-Auftritt), das Zeitgeist und Schickeria-Leben im München Anfang der 70er-Jahre widerspiegelt. Eine Zeit, in der, zumindest in gewissen Kreisen, offenbar permanent geraucht und gesoffen wurde. Der Film war übrigens praktisch schon im Verleih und an 200 Kinos vermietet. Doch dann las sich irgendwer doch noch einmal das Drehbuch durch, und es war vorbei mit dem Kinostart. Zu wenig phantastische Aspekte, viel zu normal. Später, als Thome eine Anfrage vom WDR bekam, einen Spielfilm zu drehen, erinnerte sich der Regisseur an das Drehbuch und kurbelte ihn zügig herunter. Das merkt man dem Film an, auch eine zeitweise Uninspiriertheit von Regisseur und Schauspielern (was wäre da alles möglich gewesen!), dennoch kann man sich dem Werk nicht entziehen, ihm eine gewisse Faszination nicht absprechen.</div>
</div>
</div>
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<br /></div>
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<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i> Iris Berben im Overall, Iris Berben nackt, Marquardt Blom im weißen Anzug, Zigaretten, Alkohol, amerikanische Autos</div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung</i>: 6/10</div>
<br />
<br />Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-49171773928960410322014-07-30T22:06:00.000+02:002018-11-26T20:51:56.415+01:00Optisch beeindruckendes Fantasy-Spektakel im Märchenkostüm<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Maleficent – Die dunkle Fee</b> (OT: Maleficent, USA 2014, Regie: Robert Stromberg)</div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<i>Kritik:</i> „Dornröschen“ aus Sicht der bösen Fee, das ist wohl die am häufigsten verwendete Formulierung, die man im Zusammenhang mit diesem Film lesen kann. Aber „Maleficent“ ist mehr, ist ein eigenständiges Fantasyabenteuer nach Motiven des Märchens „Dornröschen“, das sich inhaltlich am Walt-Disney-Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1959 orientiert.<br />
<br />
Zwei Reiche existieren nebeneinander, das Reich der Wälder und Moore mit Feen und Zauberwesen auf der einen Seite, das Königreich der Menschen auf der anderen Seite. Als junges Mädchen lernt die Fee Maleficent den Jungen Stefan aus dem Reich der Menschen kennen und freundet sich mit ihm an. Jahre später hat sich die Situation geändert. Der König des Menschenreiches will das Land der Moore mit seinen Schätzen erobern, es kommt zum Krieg. Der König und seine Armee werden an der Grenze von den Zauberwesen unter Führung Maleficents vernichtend geschlagen. Der König muss sich zurückziehen und verspricht kurz vor seinem Tod demjenigen den Thron, dem es gelingt, Maleficent zu töten. Der ehrgeizige Stefan trifft sich mit Maleficent unter dem Vorwand, sie zu warnen. Er betäubt sie jedoch mit einem Trank und will sie töten. Das schafft er zwar nicht, zu groß sind die Skrupel, doch er schneidet ihr die Feenflügel ab und geht damit zum König, woraufhin er zum neuen König gekrönt wird. Die verbitterte und kaltherzig gewordene Maleficent rächt sich später, indem sie Aurora, das erstgeborene Kind von König Stefan und seiner Gemahlin, verflucht. An ihrem 16. Geburtstag solle die sich an einer Spindel stechen und in einen immerwährenden todesähnlichen Schlaf fallen. Keine Kraft der Welt könne diesen Fluch rückgängig machen, nur der Kuss der wahren Liebe, an deren Existenz Maleficent nach dem Verrat Stefans aber nicht mehr glaubt...</div>
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<br /></div>
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Robert Stromberg verlässt sich in seinem Regiedebüt zuallererst auf seine ursprünglichen Stärken. Als Szenenbildner hat er bereits zwei Oscars gewonnen, einen für „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ (2009) und einen weiteren für „Alice im Wunderland“ (2010). Er punktet auch in „Maleficent“ mit seinen visuellen Angeboten und zieht den Zuschauer mit überwältigenden, einmalig schönen Bildern von Anfang an in seinen Bann: Er zeigt uns Landschaften wie in „Avatar“, Schlachten wie in „Der Herr der Ringe“ und Zaubertricks wie in den „Harry Potter“-Filmen. Doch das ist es nicht allein, was „Maleficent“ zu einem einzigartigen Filmerlebnis macht. Auch die Schauspieler, hier vor allem die weiblichen, sind durchgehend zauberhaft. Schon Ella Purnell in ihrem kurzen Auftritt als junge, unschuldige Maleficent ist ein faszinierender Anblick, ebenso Elle Fanning als „Dornröschen“ Aurora. Über allem steht jedoch die Leistung von Angelina Jolie als erwachsene Maleficent. Ihr Aussehen (Kompliment an die Maske), ihre Ausstrahlungskraft und die absolut glaubhaft gespielte Gefühlspalette, die von Erschrecken über Hass und Kampfgeist bis hin zu Liebe und Güte reicht, tragen den Film über weite Strecken. Jolie ist eigentlich die einzige Figur, die nicht eindimensional angelegt ist, die eine psychologische Entwicklung durchmacht. Und das gibt ihr die Möglichkeit, Facetten ihrer Schauspielkunst zu zeigen. Sie überzeugt sowohl als streng den Zauberstab schwingende, von Rachegefühlen beherrschte Feendomina als auch als ihr „Ziehkind“ Aurora beim Aufwachsen zusehende liebevolle „Mutter“. Besonders gelungen sind die Szenen, in denen ihre Figur innerlich zerrissen scheint zwischen den Extremen Hass und Liebe. Chapeau!</div>
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<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
Was man an „Maleficent“ kritisiert hat, ist die moralische Schwarz-Weiß-Malerei, besonders symbolisiert durch das moderne, „feminine“ Ende. Alles Gute ist weiblich oder geht vom Weiblichen aus, alles Böse ist männlich oder geht vom Männlichen aus. Hier gestehe man dem Film jedoch die Trumpfkarte „Märchen“ zu. Klassisches Strukturmerkmal des Volksmärchens war schon immer eine klare Gut-Böse-Abgrenzung und eine gewisse Eindimensionalität der Figuren. Wer in „Maleficent“ eine tiefergehende, männerfeindliche ideologische Botschaft sehen will, schießt vielleicht etwas übers Ziel hinaus. Ja, der Film ist ein moralisches Lehrstück in Blockbusterformat, er hat eine moralische Botschaft. Doch die handelt nicht von Geschlechterrollen, sondern von der wahren Liebe, der Überwindung von negativen Gefühlen wie Hass und Rachegelüsten und davon, dass man sich Flüche und Handlungen, die nicht mehr rückgängig zu machen sind, vorher sehr gut überlegen sollte...</div>
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<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
„Maleficent“ ist ein bildgewaltiges Fantasy-Spektakel im Märchenkostüm mit Klassiker-Potenzial. Es glänzt durch Schauspielerleistungen auf hohem Niveau, tolle Animationen, faszinierendes Produktionsdesign sowie eine spannend erzählte, allerdings gegen Ende nicht ganz unvorhersehbare Story. Optisch spielt „Maleficent“ in einer Liga mit „Avatar“, „Der Herr der Ringe“ und „Harry Potter“ und gehört zum Besten, was das Fantasygenre je hervorgebracht hat. </div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung:</i> (7/10)</div>
<br />
<br />Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-70270354937471758682014-07-27T19:31:00.000+02:002018-11-21T23:15:29.034+01:00Der unheimliche Gast<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Der unheimliche
Gast</b> (OT: The Uninvited, USA 1944, Regie: Lewis Allen, SW)</div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<i>Kritik:</i> Für
Regie-Ass und Horrorfilm-Produzent Guillermo del Toro (u.a. „The
Devil's Backbone“, 2001, „Pans Labyrinth“, 2006) zählt „Der
unheimliche Gast“ zu den Filmen, die ihn am stärksten erschreckt
haben. Und auch Martin Scorsese führt den Film in seiner Liste der
„11 Scariest Horror Movies Of All Time“. Im Film „Poltergeist“
(1982) findet sich mit dem Zitat „Mmh, smell the Mimosa“ eine
direkte Anspielung auf den Vorläufer. Diese Fakten allein, die Frank
Arnold im beiliegenden Booklet zusammengetragen hat, verweisen schon
auf die filmhistorische Bedeutung und den in Kennerkreisen hohen
Bekanntheitsgrad des Films.</div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br />
In „Der
unheimliche Gast“ geht es um ein Geschwisterpaar, das ein altes
Haus an der englischen Küste erwirbt. Schnell stellt sich heraus,
dass es in dem alten Gemäuer spukt. Der geisterhafte Horror, der
sich allmählich entspinnt, ist eng mit der Geschichte der Enkelin
des Vorbesitzers verbunden, die Kontakt zu den neuen Besitzern des
Hauses aufnimmt. Thema, Dramaturgie und Erzählweise von „Der
unheimliche Gast“ bilden quasi das Grundmodell, an dem sich alle
späteren Haunted-House-Filme (Geisterhausfilm, Spukhausfilm) mehr
oder weniger orientierten. Ganz langsam steigert sich die düstere
Atmosphäre. Am Anfang ist es ein Hund, der sich weigert, in die
oberen Stockwerke des Hauses zu gehen, dann sind es Seiten eines
Buches, die sich wie von Geisterhand umblättern, und Türen, die
sich von selbst bewegen. Fremdartige Geräusche und Geisterstimmen in
der Nacht fehlen nicht, und gruselige Höhepunkte sind die Szenen, in
denen sich die Geister aus einem plötzlich aufkommenden Nebel heraus
materialisieren und für die Protagonisten und den Zuschauer sichtbar
und bedrohlich werden. Diese Sequenzen wurden in Großbritannien
übrigens von der Zensur entfernt, weil man glaubte, sie seien für
den Zuschauer zu angsteinflößend. In der Tat galt in Großbritannien
während des Zweiten Weltkriegs nahezu ein Horrorfilmverbot. Zu nah
und real waren die alltäglichen Schrecken des Krieges.</div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
Die hervorragende
Schwarz-Weiß-Fotografie des Kameramanns Charles Lang brachte dem
Film sogar eine Oscarnominierung in der Kategorie „Beste Kamera in
einem Schwarz-Weiß-Film“ ein. Langs gekonnter Umgang mit Licht und
Schatten gibt dem Film eine zeitweise besonders düstere Stimmung und
dürfte auch der Hauptgrund dafür gewesen sein, dass „Der
unheimliche Gast“ in die Reihe „Film Noir“ aufgenommen wurde.
Das war nicht unbedingt zu erwarten und vermarkterisch vielleicht
auch nicht ganz klug, denn Film Noir definiert sich für viele nicht nur filmästhetisch und stilistisch, sondern auch thematisch.
Unter einem Film Noir stellt sich die große Mehrheit eben immer noch
einen Film vor, in dem es um die Aufklärung eines Kriminalfalls
geht, in dem ein abgehalfterter Privatdetektiv einen Auftrag von einer
meist sehr schönen und geheimnisvollen Femme fatale erhält etc.
Vorstellbar, dass Fans des phantastischen Films, denen der Titel „Der
unheimliche Gast“ bzw. „The Uninvited“ nichts sagt, bei Film
Noir einfach weitergehen/weiterklicken und so einen Film verpassen,
der ihnen eigentlich zugesagt hätte.</div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
„Der unheimliche
Gast“ ist ein atmosphärisch dichter Grusler mit einigen wenigen
humoristischen Elementen. Dem heutigen, Splatter- und
Torture-Porn-Filme schauenden Gorehound kann der Schwarz-Weiß-Film
aus dem Jahr 1944 natürlich keine Schrecken mehr einjagen. Und wer
ausschließlich auf Blut und Gedärme steht, der sollte die Finger
von diesem Spukhaus-Klassiker lassen. Wer sich jedoch an wohligem
Schauer, wenigen und gemäßigten Schreckmomenten und schöner,
düsterer Schwarz-Weiß-Fotografie delektieren kann, der sollte
zugreifen. Und auch filmbildungstechnisch lohnt dieser Ghost-Trip zu
den Anfängen des Subgenres der Haunted-House-Filme. „Der
unheimliche Gast“ bildet das Grundmodell des typischen
Geisterhausfilms und steht am Beginn einer langen Tradition von
Filmen wie „Schloss des Schreckens“ (1961), „Bis das Blut
gefriert“ (1963), „Amityville Horror“ (1979), „Shining“
(1980), „Poltergeist“ (1982) etc.</div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<i>Bilder, die im
Gedächtnis bleiben</i>: Materialisation der Geister aus dem Nebel</div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung:</i> 7/10</div>
<br />Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-12348382220163930292014-04-21T19:11:00.000+02:002018-11-26T22:15:30.784+01:00Faszinierende Verfilmung von Alfred Kubins phantastischem Roman "Die andere Seite" (1909)<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiWW7Wq_n-smowXe7YXJ0VNZB_GGRjEO_LpAVh5ON6OS0ft29zoKH9NQCGSctjIGZFIcssUs7eInOcl4SsGWjB7wFWQGkmcn2pwLFIOkLvvjvp5Ijejj-FlcHuWoe5NIO7OanFRhZTvbtjP/s1600/TraumstadtCover.tiff" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="706" data-original-width="496" height="200" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiWW7Wq_n-smowXe7YXJ0VNZB_GGRjEO_LpAVh5ON6OS0ft29zoKH9NQCGSctjIGZFIcssUs7eInOcl4SsGWjB7wFWQGkmcn2pwLFIOkLvvjvp5Ijejj-FlcHuWoe5NIO7OanFRhZTvbtjP/s200/TraumstadtCover.tiff" width="140" /></a></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<i><span style="font-size: x-small;"><b>Alle Rechte an Fotos und Grafiken bei ©</b><b> Filmjuwelen/ALIVE</b></span></i></div>
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b><br />
</b></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b><br />
</b></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Traumstadt</b> (Deutschland 1973, Regie: Johannes Schaaf)</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Kritik:</i> Stellen Sie sich vor, Sie seien ein mehr oder weniger erfolgreicher Künstler in München, Anfang der 70er-Jahre, verheiratet, und während Sie so durch die Stadt schlendern, merken Sie, dass Sie von einem Mann verfolgt werden. Dieser gibt sich irgendwann als Agent eines gewissen Klaus Patera zu erkennen, mit dem Sie zusammen auf die Schule gegangen sind. Dieser Klaus Patera sei, so erzählt der Agent, zu unermesslichem Reichtum gekommen und habe an einem geheimen Ort irgendwo im fernen Asien eine Traumstadt gegründet. Dort herrsche absolute Freiheit, es gebe keinerlei materielle Not und jeder könne sich dort selbst verwirklichen und nach seiner Façon selig werden. Klaus Patera lade Sie und Ihre Frau ein, in seiner Traumstadt zu leben.</div>
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<br />
Das ist die Ausgangssituation des Films „Traumstadt“ von Johannes Schaaf. Der Film basiert auf dem phantastischen Roman „Die andere Seite“ (1909) von Alfred Kubin. Personen, Handlungsgerüst und einige Motive wurden direkt aus dem Roman übernommen, die Handlung spielt jedoch in der Gegenwart. Nach nur kurzem Zögern, ein Scheck über 100000 DM für die Reise zerstreut die letzten Zweifel, entschließen sich der Künstler Florian Sand (Per Oscarsson) und seine Frau Anna (Rosemarie Fendel), der Einladung zu folgen. Schon die Reise in die Traumstadt ist voller Symbolik. Die erste Etappe wird in einer Lufthansamaschine zurückgelegt, dann folgt ein Flug in einem alten Kleinflugzeug, anschließend werden Wegstrecken mit dem Auto und auf einem Kamel zurückgelegt. Das letzte Stück müssen Florian Sand und seine Anna zu Fuß gehen. Irgendwann treffen sie auf einen kleinwüchsigen Diener Klaus Pateras, der sie zu einer Kutsche führt, Assoziationen an phantastische Vampirgeschichten werden hier geweckt, mit der sie die letzte Wegstrecke zurücklegen.</div>
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<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Die Reise in die Traumstadt erweist sich, was die Verkehrsmittel betrifft, als eine Reise in die Vergangenheit. Dabei bleibt noch offen, ob diese Reise in die Vergangenheit die Protagonisten in ein natürliches, ursprüngliches Paradies führt oder ob es nicht doch eher eine Reise zurück in Anarchie und Chaos ist, eine Reise in Wildheit und Barbarei. In der Traumstadt angekommen, werden die beiden noch einmal darauf hingewiesen, dass dort sämtliche Wünsche ausgelebt werden dürften. Es gebe nur ein Gesetz: der totale Respekt vor der Individualität des anderen. Am Anfang scheint alles gut zu laufen. Das Paar sucht sich eine Wohnung, und die Kleider in den Schränken haben schon die passende Größe. Im Restaurant bringt man ihnen genau das Gericht, das sie gerade bestellen wollten. Alles scheint gut. Dennoch entwickelt sich von Anfang an ein zwiespältiges Gefühl beim Zuschauer. Die Menschenmenge, die die Neuankömmlinge begrüßt, ist merkwürdig melancholisch und apathisch. Wirklich fröhliche, ausgelassene Menschen gibt es dort kaum. Das Leben in der Traumstadt gestaltet sich für Florian Sand und seine Frau zunehmend kafkaesk. Der Versuch, eine Besuchserlaubnis für den Schulfreund Klaus Patera zu bekommen, scheitert an der Verrücktheit des Verwaltungsapparates. Bei einem Theaterbesuch müssen die Neuankömmlinge feststellen, dass es keine Zuschauer, sondern nur Akteure gibt, was zu einer schrecklichen Kakofonie und einem Chaos auf der Bühne führt, weil jeder Darsteller sein eigenes Ding macht. In einer anderen Sequenz mauert ein Mann ein Fenster zu, „weil er Lust dazu hat“. </div>
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<br /></div>
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Die Frage Paradies oder Chaos ist schnell entschieden. Die Bewohner der Traumstadt werden zunehmend zügellos, gewalttätig und gehen ihren Perversionen nach. Es herrschen Revolution und Chaos, und auch die maroden Gebäude der Stadt fallen in sich zusammen. Ein resignierter alter Mann bringt die Aussage des Films auf den Punkt: „Der Mensch ist nicht geschaffen, Freiheit zu ertragen.“ Regisseur Johannes Schaaf zelebriert den Untergang der Traumstadt gegen Ende des Films ausführlich und wird damit weitgehend dem Roman gerecht, der sich nach der ersten Hälfte nur noch mit der Beschreibung des Untergangs des Traumreiches beschäftigt. Explosionen, ein- und umstürzende Gebäude und Bäume dürften einen Großteil des Budgets verschlungen haben. Dass die Dreharbeiten in einer mittelalterlich anmutenden, maroden tschechischen Stadt stattfanden, die anschließend geflutet werden sollte, kam den Aufnahmen zugute. Hier konnten sich die Filmmacher so richtig austoben. Nicht austoben konnten sie sich bei den sonstigen Dreharbeiten, denn die Beamten des damals kommunistischen Staates CSSR machten es dem Regisseur Johannes Schaaf nicht gerade leicht, wie er im Interview, das sich ebenfalls auf der DVD befindet, erzählt. Sie haben anfangs sogar gedacht, dass der Film eine Verhohnepipelung des Kommunismus sei. </div>
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<br /></div>
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Trotzdem ist es irgendwie gelungen, das Projekt noch zu Ende zu bringen. Herausgekommen ist ein beeindruckender Film, der für sich zwar sehr gut funktioniert. Dass die Produzenten den Regisseur damals jedoch dazu nötigten, dreieinhalb Stunden Filmmaterial auf circa zwei Stunden herunterzukürzen, hat dem Film sicher nicht gutgetan. Das Material ist nicht mehr vorhanden, ein Director's Cut also nicht mehr möglich, was Johannes Schaaf heute bedauert. Vieles bleibt daher Andeutung oder zusammenhangloses Stückwerk, das man, ohne den Roman gelesen zu haben, nicht wirklich versteht („Uhrbann“), die Geschichte wird zu schnell erzählt. Der langsame Niedergang der Sitten der Einwohner und der Verfall der Substanz der Gebäude, das langsame Entstehen einer revolutionären Stimmung und einiges anderes können mit den zeitlich begrenzten Möglichkeiten des Mediums Film einfach nicht dargestellt werden. Zahlreiche phantastische Elemente des Romans, der lange als unverfilmbar galt, wurden ebenfalls fast völlig außen vor gelassen. Eine Verfilmung mit den heutigen technischen Möglichkeiten wäre sicher eine reizvolle Aufgabe. </div>
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<br /></div>
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Löst man sich in seiner Bewertung jedoch vom Vergleich mit dem Roman, dann bleibt ein doch recht beeindruckendes Werk deutscher Filmgeschichte. Regisseur Schaaf hat einige wunderbare Bilder geschaffen wie das Pferd, das auf seinem Rücken sterbende Menschen transportiert, die Statue, die sich plötzlich bewegt, und viele andere. Überhaupt korrespondiert die Bildsprache von Johannes Schaaf wunderbar mit der utopiekritischen Aussage des Romans. Alles funktioniert irgendwie rückwärts, symbolisiert Rückschritt. Angefangen von der Anreise am Anfang des Films bis zu den Bewohnern, die am Ende wieder in Zelten hausen und aufeinander losgehen wie Neandertaler. Oder die wunderbar in Szene gesetzte Inversion der symbolischen Bedeutung des Eies, das normalerweise für beginnendes Leben steht. In der Traumstadt werden sterbenskranke Menschen in Eierschalen liegend an einem Baum aufgehängt, wo sie in ihren weißen Särgen den Tod erwarten. </div>
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„Traumstadt“ ist eine gelungene Mixtur aus realistischer Darstellungsweise, zum Teil surrealen Bildern und einer phantastischen Geschichte über einen Gesellschaftsentwurf, der Utopie anstrebt und doch im Chaos endet. Der Film, dessen beeindruckende Bilder vielen, die ihn in den 70er-Jahren sahen, noch im Gedächtnis geblieben sein dürften, ist endlich auf DVD erschienen, noch dazu in einer wunderschönen Edition. Nach über 40 Jahren kann man sich dieses Filmjuwel wieder anschauen! Ein großer Dank dem herausgebenden Label, das damit wieder einmal gezeigt hat, dass es sie sehr wohl gibt, „die andere Seite“ des Deutschen Films, der heutzutage leider durch einseitige Filmförderung von seichten bis albernen Komödien und Zweite-Weltkriegs-Dramen dominiert wird. </div>
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<br /></div>
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<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i> Gnom auf der Kutsche // Theateraufführung // sterbende Menschen in Eierschalen am Baum // Statue // Fenster wird zugemauert // nackte Olimpia</div>
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<br /></div>
<i>Bewertung:</i> (8/10)<br />
<br />
<br />Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-64096517358942760152014-03-30T23:18:00.002+02:002018-11-21T23:17:24.931+01:00Aelita – Der Flug zum Mars<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Aelita - Der Flug zum Mars</b> (OT: Aelita, Sowjetunion 1924, Regie: Jakov
Protasanov, SW)</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
<i>Kritik:</i> Der 1924 in der Sowjetunion
erschienene Stummfilm „Aelita“ erzählt die Geschichte des
Ingenieurs Losj gegen Ende der russischen Bürgerkriegszeit um 1921.
Der Film besteht im Grunde aus zwei Handlungssträngen. Im ersten
wird der von Elend und Armut bestimmte Moskauer Alltag gezeigt. Losj'
Frau Natascha arbeitet am Kursker Bahnhof, der damals gleichzeitig
ein Hospital und Durchgangsstation für Flüchtlinge, Deportierte und
andere Kriegsopfer war. Wir lernen den korrupten Beamten Erlich
kennen und noch einige andere Personen, die zum Teil von den guten
alten Zeiten schwärmen. Der zweite Handlungsstrang besteht aus der
Mars-Thematik. Gleich zu Beginn des Films erhalten Radiostationen in
ganz Europa Signale mit den undechiffrierbaren Worten „Anta Odeli
Uta“. Ingenieur Losj befasst sich näher mit den Signalen und
vermutet, dass sie vom Mars kommen. Doch die Bedeutung der Worte kann
auch er nicht entschlüsseln.<br />
<br />
Er flüchtet sich aber von nun an
zunehmend in Tagträume, in denen er Visionen vom Leben auf dem Mars
hat. Er entwickelt unter anderem Pläne für den Bau einer Rakete.
Die beiden Handlungsstränge werden zusammengeführt, als Losj im
Eifersuchtswahn seine Frau erschießt. Er flieht an den Stadtrand von
Moskau, wo er in eine Rakete steigt und zum Mars fliegt. Begleitet
wird er von dem Rotarmisten Gussev, den die Tatenlosigkeit nach den
Revolutionskriegen und seine Ehe langweilen, und einem Detektiv, der
sich auf die Fersen des vermeintlichen Mörders gemacht hat und kurz
vor dem Start in die Rakete gelangt ist. Auf dem Mars herrscht eine
Art totalitäres Regime, Arbeitssklaven, die gerade nicht benötigt
werden, lagert man dort eingefroren in Kühlhäusern. Losj verliebt
sich in Aelita, die Königin vom Mars, während der Rotarmist eine
Revolution anzettelt. Losj tötet Aelita später, weil diese sich
zwar am Anfang auf die Seite der Aufständischen stellte, sich
letztendlich aber doch als unverbesserliche Tyrannin entpuppte, die,
um in realpolitischen Termini zu sprechen, nicht bereit war, den
Schritt von der bürgerlichen (Marseillaise-Musik!) zur
proletarischen Revolution zu vollziehen, sondern die Arbeiter
weiterhin versklaven wollte. Als Losj auf der Erde aus seinen
Tagträumen erwacht, entdeckt er, dass die Worte „ Anta Odeli Uta“
nichts anderes waren als Reklame für eine Handelsmarke. Es stellt
sich heraus, dass er seine Frau nicht erschossen hat. Losj verbrennt
seine Konstruktionsunterlagen für eine Rakete mit den Worten: „Genug
geträumt, uns alle erwartet eine andere, richtige Arbeit.“ Mit
diesem symbolischen Abschied von seinen phantastischen Tagträumereien
endet der Film. Das Leben in Moskau ist nicht mehr so chaotisch wie
am Anfang, Natascha arbeitet nun in einem Kinderheim und auch gegen
die Korruption wurde etwas unternommen (der korrupte Beamte Erlich
wurde festgenommen). Ein kommunistisches Happy End.</div>
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<br /></div>
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Der Film basiert auf der Novelle
„Aelita“ von Alexej Tolstoi (1883-1945). Tolstoi, der bei
Ausbruch der Oktoberrevolution den Zielen und Bestrebungen der neuen
Machthaber eher kritisch gegenüberstand, hatte seine Heimat
verlassen und war nach Westeuropa emigriert. Doch enttäuscht von den
Zuständen im Westen, der antisowjetischen Haltung vieler Emigranten
und getrieben von der Sehnsucht nach der Heimat, fasste er den
Entschluss, nach Russland zurückzukehren. In der sowjetischen
Botschaft in Berlin verfasste er 1921 den Marsroman „Aelita“. Der
Regisseur des Films, Jakov Protasanov, teilte ein ähnliches
Schicksal. Auch er war zunächst aus Russland emigriert (1918),
kehrte aber 1922 in die Sowjetunion zurück. Das Thema Emigration
kommt auch in dem Film selbst vor.
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<br /></div>
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Es ist nicht unwahrscheinlich, dass
Protasanov im Westen „Das Cabinet des Dr. Caligari“ (1920)
gesehen hat. Die Kulissen auf dem Mars erinnern an die
expressionistischen Kulissen des Films von Robert Wiene, ergänzt
durch eine Melange aus Bauhaus, Kubismus und russischem
Konstruktivismus. Auch die ausgefeilten Werbestrategien für beide
Filme weisen Parallelen auf. Mit den Worten „Du musst Caligari
werden!“, die auf Werbeplakaten, Transparenten und Zeitschriften in
ganz Berlin zu lesen waren, ohne dass zu dem Zeitpunkt für die
Bevölkerung klar war, worum es sich eigentlich handelte, wurde für
den Film von Robert Wiene geschickt Werbung gemacht. „Aelita“
wurde Ende September 1924 im Moskauer Kino Ars (heute
Stanislawski-Theater) uraufgeführt. Die Werbung für den Film setzte
schon ein halbes Jahr vorher ein. Seit dem 26. Februar druckte die
Zeitschrift <i>Kinogazeta</i> die Worte „Anta Odeli Uta“ ohne
weitergehende Erläuterungen ab. Ausgabe für Ausgabe. Diese Worte
begegneten den Zeitgenossen bis kurz vor der Uraufführung immer
wieder, auf Plakaten, Zaunwänden oder Transparenten, die quer über
Straßen gespannt waren. Ab April wurden die drei Worte bisweilen
ergänzt durch den Satz: „Seit einiger Zeit empfangen
Radiostationen auf der ganzen Welt unbekannte Signale...“ Kurz vor
der Uraufführung druckte die <i>Kinogazeta</i> einen Text, der darüber
informierte, dass die Signale nun entschlüsselt seien. Die Auflösung
gäbe es im Kino Ars zu sehen. Kein Wunder, dass die erste
Science-Fiction-Großproduktion der Sowjetunion, das teuerste Projekt
des noch jungen sowjetischen Films, ein Megaerfolg wurde. Der
weibliche Vorname Aelita soll sogar bei jungen Eltern nach 1924
besonders beliebt gewesen sein.</div>
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<br /></div>
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Sowohl Roman als auch Film sind ein
offenes Bekenntnis zu den Zielen der Revolution und enthalten in dem
Sinne Elemente von Propaganda, allerdings noch nicht so dogmatisch
und schematisiert wie ab Anfang der 30er-Jahre (sozialistischer
Realismus). Rückblenden auf die gute alte Zeit, in der der Wein noch
nicht sauer schmeckte und Ordnung herrschte, enthalten deutliche
Seitenhiebe auf die im vorrevolutionären Russland herrschende
soziale Ungleichheit: Ein Mensch muss dem anderen die Schuhe putzen,
eine Gruppe auf dem Bürgersteig wird genötigt stehen zu bleiben, weil
Mitglieder der feinen Gesellschaft den Weg kreuzen. Realistisch wird
im Film aber auch der nachrevolutionäre Alltag gezeigt, der geprägt
ist von Lebensmittelkarten, Wohnungsnot, Korruption und Spekulation
sowie illegal veranstalteten Bällen für eine ausgesuchte
Gesellschaft.
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<br /></div>
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Die Bedeutung des Films
ist, ähnlich wie sein Inhalt, auf zwei Ebenen angesiedelt. „Aelita“
ist ein wertvolles Zeitdokument und ein sehr genaues Alltagsporträt
Moskaus zur Zeit der „liberalen“ Neuen Ökonomischen Politik.
Protasanov, der gerne Spielfilmszenen mit dokumentarischen Aufnahmen
verband, zeigt uns auch hier zahlreiche authentische Aufnahmen von
Originalschauplätzen mit Statisten aus dem einfachen Volk. Unter
anderem sind Bilder einer Demonstration auf dem Roten Platz (ohne
Lenin-Mausoleum) zu sehen. Das Minin-und-Poscharski-Denkmal steht
dabei noch im Zentrum des Roten Platzes und nicht wie heute vor der
Basilius-Kathedrale, und der Rote Platz selbst ist noch nahezu
unbefestigt, mit Gras und Stroh bedeckt. Wie „Das Cabinet des Dr. Caligari“
ist auch „Aelita“ ein Schlüsselfilm seiner Zeit, in dem sich
Historie und Entstehungsbedingungen gleich mehrfach spiegeln (Kunst,
Politik, Film). „Aelita“ erzählt die Geschichte seiner Zeit und
von Helden, die sich von ihrer Vergangenheit trennen und die neue
Wirklichkeit akzeptieren. Phantastische Träumereien werden
verworfen, stattdessen gilt es, sich an die wirklich wichtige Arbeit
zu machen, den Aufbau einer Utopie auf Erden. Filmhistorisch bedeutsam ist „Aelita“, weil es sich um einen der ersten Langfilme des
Science-Fiction-Genres überhaupt handelt und er mit seinen Dekors
und Kostümen die Vorstellung von futuristischen Gesellschaften
prägte. Allein wenn man sich die Folgen der einflussreichen
amerikanischen „Flash Gordon“-Serie aus den dreißiger Jahren
anschaut, wird man zahlreiche Ähnlichkeiten entdecken können. Und
glaubt man dem Eintrag in der russischsprachigen Wikipedia, dann
wurde auch einer der Väter der sowjetischen Kosmonautik, der
Raketenkonstrukteur Boris Tschertok (1912-2011), in seiner Biografie
wesentlich von dem Film „Aelita“ beeinflusst, weil er in ihm das
Interesse für Radiotechnologie, Fliegerei und Raumfahrt weckte.</div>
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<br /></div>
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„Aelita“ ist ein Stummfilmklassiker und
ein Meilenstein des Science-Fiction-Genres. Einer von den Filmen, bei
denen man froh sein kann, dass sie der Nachwelt erhalten geblieben
sind. Denn einige Jahre später kam der Film in der Sowjetunion auf
die Liste der verbotenen Werke. Das änderte sich erst mit Ende des
Kalten Krieges gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Die Schwäche des
Films, die allzu offensiv verkündete ideologische Botschaft, wird
allemal wettgemacht durch seine filmästhetischen Vorzüge. Er
überzeugt durch seine dokumentarischen Aufnahmen und die
überraschend genaue Darstellung des zeitgenössischen Moskau
einerseits, andererseits durch seine wegweisenden phantastischen
Bilder und Kulissen vom Mars. Diese stilistische Dichotomie von
Realismus und Phantastik gibt dem Film einen ganz besonderen Reiz.
Darüber hinaus sind die schauspielerischen Leistungen grandios. Der
Regisseur verpflichtete in erster Linie erfahrene
Theaterschauspieler, und um eine Schönheit für die Rolle der Aelita
zu finden, führte Protasanov ein mehrere Tage dauerndes Casting
durch. Unzählige Anwärterinnen sollen sich für die Rolle der
Marskönigin beworben haben, die letztendlich an die junge
Schauspielerin Julia Solnzewa vergeben wurde.
<br />
<br /></div>
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<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i>
Parade auf dem Roten Platz // Aelita // Marsarbeiter auf Fließband
// Marsianer schauen durch Teleskop // Marskulissen // Revolution auf dem Mars</div>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung:</i> (9/10)</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-70958191825739931752014-03-23T21:01:00.000+01:002018-11-26T22:13:22.706+01:00Gelungene Verfilmung von H. P. Lovecrafts Kurzgeschichte "Die Farbe aus dem All" (1927)<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Die Farbe</b> (Deutschland 2010, Regie: Huan Vu)</div>
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<br /></div>
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<i>Kritik:</i> In den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts schlägt in einem Dorf in der Schwäbischen Alb ein Meteorit ein. In der Folge kommt es zu einer Reihe unerklärlicher Veränderungen bei Pflanzen, Tieren und Menschen. Schon die Tatsache, dass sich der Meteorit einer Untersuchung durch Wissenschaftler entzieht, sich nach einigen Tagen auflöst und nichts mehr von ihm übrig bleibt, deutet an, dass wir es hier mit etwas Unfassbarem zu tun haben. Die Familie, auf dessen Gehöft der außerirdische Körper niederging, ist besonders hart getroffen. Es kommt zu Missernten, Pflanzen zerfallen nach einer kurzen Phase des Aufblühens zu Staub, und auch vor Tieren und Menschen macht das Phänomen nicht halt. Fische, Vögel und Frösche sterben, Menschen werden von Wahnsinn befallen.<br />
<br />
Ähnlich wie es Robert Wiene bei einem der ersten phantastischen Filme, „Das Cabinet des Dr. Caligari“ (1920), getan hat, bedient sich auch Regisseur Huan Vu des erzählerischen Konzept der Rahmenhandlung. Ein Amerikaner aus der Stadt Arkham fährt in den 70er-Jahren in das betroffene Dorf, um Erkundigungen über seinen seit einiger Zeit verschwundenen Vater einzuholen. Dieser war 1945 als Mitglied der amerikanischen Streitkräfte dort stationiert und ist nun wieder in diese Gegend gefahren. Der Sohn trifft bei seinen Nachforschungen auf einen älteren Dorfbewohner, der von den unheimlichen Geschehnissen nach dem Meteoriteneinschlag berichtet.</div>
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<br /></div>
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Spätestens mit der Erwähnung des Ortes Arkham erkennt der Genreliebhaber den Verweis auf den Horrorschriftsteller H. P. Lovecraft (1890-1937). In vielen seiner unheimlichen Erzählungen kam dieser fiktive Ort vor. Die Werke Lovecrafts dienten, ähnlich wie die von E. A. Poe, zahlreichen Horrorfilm-Regisseuren als Inspirationsquelle und Stichwortgeber. Und auch Huan Vus „Die Farbe“ ist eine Verfilmung von Lovecrafts Erzählung „The Colour Out Of Space“ (dt.: „Die Farbe aus dem All“). Ort und Zeit wurden zwar verändert, Figurenkonstellation und Fabel jedoch wurden kaum modifiziert. „The Colour Out Of Space“ erschien 1927 und markiert den Beginn der Schaffensperiode des Autors, in der er seine großen kosmischen Horrorgeschichten verfasste. Die Erzählung beeindruckt durch die genaue, fast reportagenhafte Darstellung der unheimlichen Ereignisse, die dem Meteoriteneinschlag folgten. Meisterhaft schildert er den langsam fortschreitenden Verfall von Flora und Fauna. „Über allem lag ein Schleier von Unrast und Bedrückung; ein Hauch des Unwirklichen und Grotesken, so als sei ein wesentliches Element der Perspektive oder des Wechsels von Licht und Schatten zerstört.“ </div>
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<br /></div>
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Diese Worte hat Lovecraft seinem Ich-Erzähler in den Mund gelegt, und es ist beeindruckend, wie es Huan Vu in seiner filmischen Adaption gelingt, die hier nur angedeutete Atmosphäre der Erzählung auf die Leinwand zu übertragen. Er setzt offenbar genau bei den Begriffen Perspektive sowie Licht und Schatten an. Mit klassischen Stilmitteln der Filmkunst gelingt es ihm, die düstere Atmosphäre der literarischen Vorlage fast eins zu eins umzusetzen. Charakteristisch für die Schwarz-Weiß-Bilder des Films sind eine Dominanz dunkler Grautöne und Kontrastarmut, was die eigenartige Stimmung nur noch verstärkt. Handwerklich wurde das wohl dadurch erreicht, dass die Szenen zwar in Farbe gedreht wurden, aber anschließend ohne weitere große Bearbeitung in Schwarz-Weiß konvertiert wurden. Der mehrfache Einsatz der subjektiven Kamera, sogar aus der Perspektive des Meteoriten, evoziert von Anfang an eine besonders bedrohliche Atmosphäre. Ahnt doch der Zuschauer schon lange vor den Protagonisten, dass es sich hier wohl um eine Art Wesen oder Existenz handelt. Wer sollte sonst aus dem Meteoriten „herausschauen“? Schräge Kamerawinkel, lange Einstellungen und Großaufnahmen alltäglicher Gegenstände, ungewöhnliche Perspektiven und der Einsatz von Weitwinkeloptiken verweisen mit Fortschreiten der Geschichte auf die aus den Fugen geratende Welt. Unterstützt wird das Ganze noch durch einen stimmigen Einsatz von Musik und bedrohlich wirkenden Geräuschen und Klängen. Trickaufnahmen von zu Staub zerfallenden Pflanzen und Körpern, übergroßer Insekten und dem Star des Film, der Farbe aus dem All, machen die Sache perfekt. Die einzigen Farbaufnahmen sind übrigens die, in denen die (pink-rosa) „Farbe aus dem All“ ihren Auftritt hat. </div>
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<br /></div>
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Der Film „Die Farbe“ ist ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie man auch mit geringem Budget eine unheimliche Stimmung und subtilen Schauer erzeugen kann. Er sollte all den untalentierten Hollywood-Regisseuren als Vorbild dienen, die anscheinend nur noch mit Schnittgewitter, Wackelkamera und der Lautstärke des Scores zu erschrecken vermögen. Der Film endet übrigens mit einem ähnlichen Fragezeichen wie der Stummfilm „Das Cabinet des Dr. Caligari“ (1920). Durch die letzten Einstellungen, die konfusen Visionen des Rahmenerzählers, kann sich der Zuschauer nicht mehr ganz sicher sein, wie er das Gesehene einzuordnen hat...</div>
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<br /></div>
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Dieser Film gehört für mich zu den besten Literaturverfilmungen im Horrorgenre. Man muss die Geschichte von Lovecraft nicht unbedingt kennen, um an „Die Farbe“ gefallen zu finden. Er ist ein absolutes Must-see, und eigentlich gehört er auch in jede Filmsammlung. Wer in seinem Rezeptionsverhalten noch nicht durch Wackelkamera, Schnittgewitter und Lautstärke-Schocks beschädigt wurde, wird diesen ruhigen, bedrückenden Film genießen. Volle Punktzahl für ein Meisterwerk des (deutschen!) Genrekinos.</div>
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<br /></div>
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<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i> von der Farbe durchleuchteter zerfallender Körper // Biene auf dem Kopf // Bäume // tote Tiere // Farbeffekte // übergroße Birnen</div>
<br />
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<i>Bewertung:</i> (10/10)</div>
<br />
<br />Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-66673480817535414152014-03-16T21:44:00.000+01:002018-11-21T23:18:33.268+01:00Hänsel und Gretel: Hexenjäger<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Hänsel und Gretel: Hexenjäger</b> (OT: Hansel and Gretel: Witch Hunters, USA/D 2013, Regie: Tommy Wirkola)</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
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<i>Kritik:</i> Na dass mit dem guten alten Märchen „Hänsel und Gretel“ der Brüder Grimm irgendwas nicht stimmen konnte, haben wir ja schon immer geahnt. Eltern würden doch niemals ihre Kinder im Wald aussetzen, nur weil das Essen grad ein bisschen knapp ist oder die Zeiten schlecht sind. Wie es sich auch abgespielt haben könnte, zeigt uns Regisseur Tommy Wirkola in seiner Version des Volksmärchens. Die Geschwister wurden zu ihrem Schutz im Wald ausgesetzt, denn hinter den Kulissen tobte ein Krieg zwischen schwarzen und weißen Hexen, dem dann auch Vater und Mutter von Hänsel und Gretel zum Opfer fielen. Happy End ausgeschlossen. Ganz wie im Märchen erfahren wir in der Pre-Credits-Sequenz, wie Hänsel und Gretel ans Knusperhäuschen einer Hexe gelangen und in die Falle tappen. Hänsel wird von der Hexe mit Süßigkeiten gemästet, was ihm später dann prompt einen ausgewachsenen Diabetes mellitus einbringt. Vor allem dank Gretels furchtlosem Einsatz gelingt es den beiden Rackern, die Hexe dorthin zu befördern, wo wohl alle schwarzen Hexen am besten aufgehoben wären: in den Ofen. Dass bei der Inszenierung des Films viel Wert auf Action gelegt wird, deutet sich hier bereits an.</div>
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<br />
Schnitt. Hänsel (Jeremy Renner) und Gretel (Gemma Arterton) sind nun erwachsen, und der Zuschauer erfährt mittels abfotografierter Zeitungsausrisse im Schnelldurchlauf, dass Brüderchen und Schwesterchen mittlerweile als Hexenjäger eine große Karriere gemacht haben und, wenn sie denn gerufen werden, gegen Kohle den betroffenen Gemeinden helfen und die Hexen in Asche verwandeln. Ein solches Hexenproblem hat die Stadt Augsburg, in der immer mehr Kinder in der letzten Zeit spurlos verschwunden sind. Wie Hänsel und Gretel dieses Problem zu lösen versuchen und auf welche Widerstände sie dabei stoßen, zeigt Regisseur Wirkola in seinem temporeich inszenierten Fantasy-Action-Abenteuer. Wie schon bei der Information über die Biografie der Geschwister deutlich geworden ist, legt Wirkola dabei keinen allzu großen Wert auf klassisches, langatmiges Erzählen. Über die Charaktere Hänsel und Gretel erfahren wir nicht wirklich viel, auch der Handlungsstrang, der das Techtelmechtel von Hänsel mit einer weißen Hexe behandelt, wird eher oberflächlich dargestellt. Sämtliche Figuren bleiben, und hier sind wir wieder beim typischen Merkmal des klassischen Volksmärchens, eindimensional und schablonenhaft. Aber was dem Märchen nicht schadet, schadet auch diesem Film nicht.</div>
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<br />
Effekte und schnell geschnittene Kampf- und Actionszenen stehen im Mittelpunkt der Auseinandersetzung der Hexenjäger mit der Hexenarmee, die von einer beeindruckend spielfreudigen Famke Janssen als Oberhexen-Domina angeführt wird. Für eine düstere Atmosphäre sorgen tolle (Hexen-)Masken, Kostüme und Kulissen. Besonders die Szenen, die im finsteren deutschen Wald spielen, sind stimmungsmäßig gelungen. Der Film wurde unter anderem im Studio Babelsberg und in Braunschweig und Umgebung gedreht. Bei dem Marktplatz von Augsburg, der des Öfteren Schauplatz des Geschehens ist, handelt es sich in Wirklichkeit um den Burgplatz in Braunschweig. Dem Zuschauer bleibt jedoch kaum Gelegenheit, die düster-gruselige Atmosphäre in Ruhe zu genießen, denn der Film lässt einem kaum Zeit zum Durchatmen. Neben mit sichtlicher Freude inszenierten Actionsequenzen verwendet Regisseur Wirkola immer wieder auch das Stilmittel des Splatterfilms. Szenen, in denen Köpfe zerquetscht werden, Opfer Gretel vom Amtsrichter und seinen Kohorten verprügelt wird, fliegende Hexen mit einem Maschinengewehr wie Moorhühner vom Himmel geschossen werden oder ihrer körperlichen Unversehrtheit verlustig gehen, wenn sie mit aufgespannten Drähten kollidieren, sind wohl dafür verantwortlich, dass der Film nur eine FSK-16-Freigabe erhielt. Dass sich „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“ an Erwachsene und Fast-Erwachsene richtet, heißt nicht, dass er nun auf ganzer Linie ernst genommen werden will. Zu häufig sind die bisweilen lustigen, bisweilen albernen Ideen, zeitgenössische Aspekte einfließen zu lassen (Zuckerkrankheit von Hänsel, Groupie mit Autogrammwunsch und Pressemappe). Das Konzept der alten, buckligen Hexe mit Hakennase wurde ergänzt. Die Entwicklung der Damen, die mit dem Satan im Bunde stehen, ist ähnlich der, die die beliebten Film-Zombies genommen haben, die sich ja auch erst schlurfend kaum auf ihren eigenen zwei Beinen halten konnten und später zu wahren Sprintwundern mutierten. Die Hexen in Wirkolas Film haben Martial-Arts-Fähigkeiten und sind im Zweikampf aufgrund ihrer Schnelligkeit und Gewandtheit kaum zu bezwingen. Diese Zweikämpfe zwischen Hänsel und /oder Gretel und den Hexen werden zeitlich bis zum Anschlag zelebriert. Hier hätte etwas weniger dem Film gut getan. Weit davon entfernt, eine komplexe Handlung zu haben, offenbart „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“ seine Geschichte dennoch nicht ungeschickt und peu à peu erst mit fortschreitender Handlung, um dort zu enden, wo sie angefangen hat. </div>
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Wirkolas Film will in erster Linie unterhalten, und das gelingt ihm bestens. Hat man sich erst mal auf Genre und Thematik eingelassen, kommt aufgrund der temporeichen Inszenierung und toller Bilder kaum Langeweile auf. Die Erzählzeit vergeht wie im Hexenflug. Den Hauptdarstellern Jeremy Renner und Gemma Arterton wird zwar nicht allzu viel an Schauspielkunst abverlangt, als Geschwisterpärchen mit heiliger Mission harmonieren sie jedoch wunderbar und glaubwürdig. Famke Janssen als Oberhexe ist der Oberhammer und eine reine Augenweide, Troll Edward, angesiedelt irgendwo zwischen King Kong und Shrek, ist der heimliche Star des Films. Ganz am Rande transportiert „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“ im Subtext natürlich auch, wie fast jeder Film, einige moralische Lebensweisheiten, nämlich dass selbst Helden nicht alles wissen können (ja, es gibt auch gute Hexen) und man sich nie mit dem pöbelnden Mob gemein machen sollte, der allzu schnell Köpfe rollen sehen will. Aber das wissen wir selbstverständlich schon länger, denn wir lieben ja phantastische und Horrorfilme. „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“ ist gelungene (Heim-)Kino-Unterhaltung, die durch ihre temporeiche Inszenierung und visuellen Angebote zu fesseln vermag. Ich werde mir den Film gerne ein zweites Mal anschauen und ganz gewiss auch das geplante Sequel...</div>
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<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i> Luftangriff der Hexen // Zimmerrenovierung mit roter Farbe // Hexe im Ofen // Troll Edward // roter Himmel // Wald // nackte weiße Hexe </div>
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<i>Bewertung:</i> (7/10)</div>
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<br />Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-28190861504894822702014-03-04T20:57:00.000+01:002018-11-21T23:18:55.814+01:00Die Teufelswolke von Monteville<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Die Teufelswolke von Monteville</b> (OT:
The Trollenberg Terror, AT: The Crawling Eye, GB 1958, SW, Regie: Quentin
Lawrence )</div>
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<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Kritik:</i> Der weiße Nebel nähert sich
vom Meer kommend unaufhaltsam der kalifornischen Küstenstadt Antonio
Bay, und er führt grauenhafte Passagiere mit sich: halbverweste
Leichen, die sich an den Einwohnern der Stadt für in der
Vergangenheit begangenes Unrecht rächen wollen. Das ist die
Situation in John Carpenters Horrorfilmklassiker „The Fog – Nebel
des Grauens“ (1980). Ähnlich ist die bedrohliche Ausgangslage im
Science-Fiction-Film „Die Teufelswolke von Monteville“ aus dem
Jahr 1958. Hier ist es eine radioaktive Wolke, die am Berg Monteville
in der Nähe des Alpenortes Trollenberg festhängt. Auch sie führt
Passagiere mit sich, außerirdische Monster, die die Erde erobern
wollen. Die Ähnlichkeit zwischen beiden Filmen ist nicht zufällig.
John Carpenter hat „Die Teufelswolke von Monteville“ mehrmals
gesehen, der Film von Quentin Lawrence war in seiner Jugend einer
seiner Lieblingsfilme. Und Carpenter gibt im Audiokommentar zum Film offen zu, dass er
bei „The Fog“ von dem älteren Film inspiriert worden ist.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
Der Science-Fiction-Film als Seismograf
für kollektive Ängste erlebte in den 50er-Jahren des vergangenen
Jahrhunderts einen regelrechten Boom. Nach dem Zweiten Weltkrieg und
der Erfahrung des Atombombenabwurfs auf japanische Städte
dominierten im Kontext von Korea-Krieg und Kaltem Krieg in den
westlichen Ländern vor allem zwei Ängste: die vor der Bedrohung
durch Radioaktivität (Atombombe) und die vor einer kommunistischen
Invasion. Der Science-Fiction-Film mit seinen Themenbereichen
Monster, Mutationen und Invasionen bot den Zuschauern die
Gelegenheit, Ängste und Situationen, die den realpolitischen sehr
ähnlich waren, im Kinosaal oder im Autokino lustvoll zu erleben und
zu überleben. Diese kathartische Wirkung ist sicher mit ein Grund
dafür, dass die Filme in der damaligen Zeit auf so große Resonanz
stießen, obwohl sie in der großen Mehrheit eher schlecht und billig
gemacht waren. Monster wurden durch Atombombenexplosionen erweckt („Panik
in New York“, 1953) oder waren Ergebnis von Mutationen, die durch
den Einfluss radioaktiver Strahlen entstanden sind („Formicula“,
1954). Außerirdische hatten nichts anderes im Sinn, als die
Menschheit zu vernichten („Kampf der Welten“, 1953) oder die
Körper der Menschen zu übernehmen („Die Dämonischen“, 1956).
Nicht selten wurden bei den Filmen die Genres
Science-Fiction und Horror vermischt. Auch die „Teufelswolke von Monteville“
ist eine dieser Low-Budget-Produktionen, die damals wie Atompilze aus dem
Boden schossen. Der Film ist dem Science-Fiction-Genre zuzurechnen,
enthält aber auch Topoi des typischen Horrorfilms (abgerissene
Köpfe, lebende Tote).</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Der Film beginnt mit einer Szene in den
Schweizer Alpen. Einer von drei Bergsteigern trifft auf etwas
Unheimliches, man sieht ihn nicht, sondern hört nur seine Stimme.
Dann stürzt der mit einem Seil gesicherte Bergsteiger ab und wird
von seinen zwei Begleitern wieder nach oben gezogen. Die müssen
entsetzt feststellen, dass ihrem Mitkletterer der Kopf fehlt. Da dies
offensichtlich nicht der erste Zwischenfall dieser Art war, begibt
sich der amerikanische Wissenschaftler Alan Brooks, der für die UNO arbeitet, nach Trollenberg,
um der Sache auf den Grund zu gehen. Im Zug trifft er auf zwei
Frauen, die als Varietékünstlerinnen durchs Land ziehen. Eine von
beiden ist hellseherisch begabt und besteht darauf, außerplanmäßig
in Trollenberg auszusteigen. Sie fühlt sich auf eine verstörende
Art vom Berg angezogen. Im weiteren Verlauf der Ereignisse wird den
Protagonisten schnell klar, dass alles Übel von der Wolke ausgeht.
Noch dazu versuchen einige Opfer der „Wolke“, lebende,
ferngesteuerte Tote, die Hellseherin zu töten. Dann fängt die Wolke
an sich zu bewegen. Sie wandert auf den Ort Trollenberg zu. In der
Wolke befinden sich glubschäugige Monster mit Tentakeln, die es auf
die Menschen abgesehen haben...</div>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Man sieht dem Film sein niedriges
Budget an. Wackelnde Bergkulissen, das immer gleiche Matte-Painting
vom Berg Monteville, das in nahezu jeder Szene den Hintergrund
bildet, und ein äußerst übersichtliches Setting lassen die
beschränkten finanziellen Möglichkeiten der Produzenten erahnen.
Und dass der Film aus einer Mini-Serie für das britische Fernsehen
hervorgegangen ist, kann er leider auch nicht verhehlen. Es oblag der
Drehbuch-Legende Jimmy Sangster, der durch seine zahlreichen Arbeiten
für die Hammer-Studios bekannt geworden ist, den Serienstoff zu
einem Kinofilm umzuarbeiten. Was ihm aber nur zum Teil wirklich
gelang. Der Film zeichnet sich durch eher unterentwickelte Figuren
und nicht ausgereizte Charaktere aus (Reporter, Hellseherin). Vieles,
wie der Vorfall in den Anden, bleibt nur nebulöse Andeutung, und
Handlungsweise und Motivation einiger Figuren sind rätselhaft bis
unlogisch. Eines kann man dem Film aber nicht absprechen: den für
billig und schnell produzierte Science-Fiction-Filme der 50er-Jahre typischen Charme. „Die Teufelswolke von Monteville“ unterhält
auf wunderbare Weise, auch heute noch. Produktionsteam und
Schauspieler gaben sich die größte Mühe, einen Invasionsfilm zu
drehen, der ernstgenommen werden will. Meine persönlichen Highlights
des Films sind die Szenen gegen Ende, als die Monster ihren Auftritt
haben. Hier sehen wir Bilder, die wahrhaft im Gedächtnis bleiben.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung:</i> (5,5/10)</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-86659890758014333712014-03-01T14:08:00.000+01:002018-11-21T23:19:39.196+01:00Gravity<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Gravity</b> (OT: Gravity, USA/GB 2013, Regie: Alfonso Cuarón)</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Kritik:</i> Astronauten einer Space-Shuttle-Mission führen Außenarbeiten am Hubble-Weltraumteleskop durch. Unter den Astronauten sind Dr. Ryan Stone (Sandra Bullock), für die es der erste Flug ist, und Matt Kowalski (George Clooney), für den es der letzte Einsatz ist. Dann kommt ein Funkspruch von der Bodenstation, in dem vor herumfliegenden Teilen eines zerstörten russischen Satelliten gewarnt wird. Die Astronauten brechen ihre Mission sofort ab, aber es ist zu spät. Trümmer des Satelliten schlagen am Ort des Geschehens ein und töten drei der fünf Astronauten. Nur Stone und Kowalski überleben. Sie treiben im Ozean des Nichts dahin, menschliches Treibgut, unbedeutend und klein. „Open Water“ im Weltenraum. Weiße Punkte vor schwarzem Hintergrund. Die Unendlichkeit und den Tod vor Augen. Ihre einzige Überlebenschance besteht darin, eine Raumstation mit Raumkapsel zu finden, die sie zurückbringt zu Mutter Erde. Doch das Unterfangen scheint aussichtslos, denn der Sauerstoff in ihren Raumanzügen wird knapp ebenso wie der Sprit für den Düsenrucksack Kowalskis, der es ihnen ermöglicht, im Weltraum zu navigieren. Wie mit einer Nabelschnur verbunden, versuchen sie ihr Ziel zu erreichen.<br />
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
„Gravity“ ist (fast) ein Ein-Personen-Stück. Sandra Bullock, die für ihre Leistung zu Recht für den Oscar nominiert worden ist, trägt den Film ganz allein. Sie spielt ihre Rolle mit Inbrunst und Glaubwürdigkeit. Als zum Teil in Unterwäsche um ihr Überleben kämpfende Frau erinnert sie an Sigourney Weaver in „Alien“. Regisseur Alfonso Cuarón gelingt es, aus einer minimalistischen Story einen überwältigenden Hardcore-Science-Fiction-Film mit menschlichem Antlitz und Kultfaktor zu machen, der nie langweilig wird. Bilder voller Erhabenheit von der Erde und dem bedrohlichen, endlosen Weltraum fesseln den Betrachter ebenso wie die Actionsequenzen mit ihren gelungenen visuellen Effekten, in denen die umherfliegenden Teile eines russischen Satelliten den Protagonisten das Leben schwer machen. Und das Ende des Films mit seinen Bildern, Einstellungen und Anspielungen ist einfach grandios. Die Möglichkeiten des Kinos im 21. Jahrhundert, das zeigt Alfonso Cuarón mit seinem Film deutlich, gehen weit darüber hinaus, epochale Schlachtenbilder im Fantasyreich zu kreieren oder Häuserblocks und Städte in Schutt und Asche zu legen. „Gravity“ ist ein zutiefst philosophischer Film, der im Subtext u.a. die Themen Leben und Tod, Anfang und Ende diskutiert. Ähnlich wie „2001: Odyssee im Weltraum“ (1968) beschäftigt sich „Gravity“ mit der vermeintlich unbedeutenden Rolle des Menschen in einem unendlichen Universum und transportiert seine Botschaft mit eindringlichen, poetischen Bildern. Nahezu jede Einstellung des Films ist auf ihre Art visuell überwältigend und brennt sich dem Gedächtnis ein. Ein absolut empfehlenswerter Film mit Potenzial zum Klassiker.</div>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Bewertung: (9/10)</div>
<br />
<br />Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-65096526201087032302014-02-25T21:03:00.000+01:002018-11-27T22:47:08.661+01:00Der erste Horrorfilm von Jess Franco und Spaniens erster echter Beitrag zum Horrorgenre<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<b><br /></b>
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Der schreckliche Dr. Orloff</b> (OT: Gritos
en la Noche/L'horrible Dr. Orlof, AT: Schreie durch die Nacht,
Spanien/Frankreich 1961, SW, Regie: Jesús Franco)</div>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Kritik:</i> Der wahnsinnige Dr. Orloff ist
davon besessen, seiner Tochter, die bei einem Brand im Labor
grauenhaft entstellt worden ist, ein neues Gesicht zu verschaffen und
ihre ehemalige Schönheit wiederherzustellen. Dazu entführt er mit
seinem taubstummen und blinden Diener Morpho junge Prostituierte und
Sängerinnen, die er ermordet und als Übungsobjekte für seine
Transplantationsversuche hernimmt. Der junge Inspektor Tanner soll
das Verschwinden der Mädchen aufklären, Presse und Vorgesetzter
erwarten rasche Erfolge. Wanda, die Verlobte des Inspektors, versucht
auf eigene Faust, den Fall zu klären. Als „schamloses Mädchen“
verkleidet, begibt sie sich ins Nachtleben. Da sie Dr. Orloffs
Tochter sehr ähnlich sieht, dauert es nicht lange, bis sie dem
Wahnsinnigen auf- und in die Hände fällt...</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
Die Handlung erinnert stark an den 1976
produzierten Film JACK THE RIPPER – DER DIRNENMÖRDER VON LONDON mit Klaus Kinski in der Rolle des Dr. Orloff. Regie führte
bei dem Film ebenfalls Jesús (Jess) Franco. Und in der Tat wurde für JACK THE RIPPER das Drehbuch von DER SCHRECKLICHE DR.
ORLOFF als Vorlage verwendet. Mit eigentlich nur einer Änderung:
Das Transplantationsmotiv wurde hier weggelassen, Klaus Kinski spielt
einen frauenhassenden Serienkiller. Einfluss auf die Entstehung von DER SCHRECKLICHE DR. ORLOFF hatten sicher zwei Filme, in denen ebenfalls Mad Scientists junge Frauen umbringen, um ihre Töchter zu retten: der 1960 produzierte
französische Film AUGEN OHNE GESICHT von Georges Franju (OT:
LES YEUX SANS VISAGE, AT: DAS SCHRECKENSHAUS DES DR. RASANOFF) mit
einer ganz ähnlichen Thematik und DIE MÜHLE DER VERSTEINERTEN FRAUEN von Giorgio Ferroni (mit Pierre Brice in einer Hauptrolle) aus demselben Jahr. Jess Franco hat in seinem Film aber
nicht einfach abgekupfert, sondern zeigt hier schon Ansätze eines
eigenen Stils. DER SCHRECKLICHE DR. ORLOFF ist spannend erzählt, allerdings mit einigen zu lang geratenen Dialogszenen, die eher an „Derrick“ und die guten alten Edgar-Wallace-Filme erinnern. Einige stimmungsvolle Nacht-Aufnahmen bei Regen und Einstellungen im Schloss erinnern atmosphärisch an die
Universal-Klassiker der 30er-Jahre. Und besonders versiert zeigt sich Franco hier bereits im Umgang mit Licht und Schatten.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
Die Auswahl der Schauspieler und
deren Leistungen sind durchgehend gut, besonders Howard Vernon als
Dr. Orloff und Ricardo Valle als sein Diener Morpho sind ein
gruseliges Duo. Francos Vorliebe für das Schöne, das
Verrucht-Weibliche, wird in vielen Einstellungen des Films schon
deutlich. Sowohl bei Nahaufnahmen der hübschen Wanda als auch bei
der Inszenierung der Nachtclubszenen. Was die Operationsszenen
angeht, hält sich Franco im Vergleich zu Franjus AUGEN OHNE GESICHT dezent zurück. Der Spanier lässt es hier bei
Andeutungen. Wer Jess Franco bisher nur als Billig-
und Schnellfilmer von Frauengefängnisfilmen und sexuell
aufgeladenen, zum Teil surrealistischen Horrorfilmen kennt und ihn
deswegen ablehnt (andere verehren ihn dafür), sollte sich sein
Frühwerk DER SCHRECKLICHE DR. ORLOFF durchaus mal antun. Man
lernt den Spanier so von einer etwas anderen Seite kennen. </div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Gleich aus
zwei Gründen ist DER SCHRECKLICHE DR. ORLOFF auch
filmhistorisch bedeutsam. Es handelt sich um den ersten Horrorfilm
von Jess Franco und um den ersten echten spanischen Beitrag zum
Horrorgenre. Eine gemäßigte Liberalisierung des Regimes Anfang der 60er-Jahre ermöglichte
es Jess Franco, sich diesem in Diktaturen eigenartigerweise stets
ungeliebten Genre zu widmen. Offensichtlich mögen Diktatoren das Horrorgenre nicht, da es letztendlich immer auf extreme Weise die postulierte
schöne heile Welt negiert. Die Figur des Dr. Orloff erhielt übrigens einige
offizielle und inoffizielle Fortsetzungen. Der Film steht somit am
Anfang einer hervorragenden spanischen Horrorfilmtradition, die sich über „reitende Leichen“ hinweg bis in die Gegenwart hinein immer auch dadurch auszeichnete,
besonders atmosphärische Bilder und Stimmungen zu kreieren.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
DER SCHRECKLICHE DR. ORLOFF wurde wohl niemals im deutschsprachigen Raum gezeigt, und so existiert auch
keine deutsche Tonspur. Bei der vorliegenden Fassung handelt es sich
um die internationale englischsprachige Langfassung, einige wenige
Szenen sind auf Spanisch. Der gesamte Film ist deutsch untertitelt.<br />
<i><br /></i>
<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i>
Morphos Gesicht // entstellte Tochter // Bootsfahrt mit Sarg</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i><br /></i>
<i>Bewertung:</i> (6,5/10)</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-66094293353300113832013-11-04T01:16:00.000+01:002018-11-21T23:20:48.372+01:00Society<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Society</b> (OT: Society, AT: Dark Society, USA: 1989, Regie: Brian Yuzna)</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Kritik:</i> Der junge Bill Whitney gehört der High Society von Beverly Hills an, hat reiche Eltern und eine hübsche Schwester. An der Highschool ist er äußerst beliebt, er steht kurz vor der Wahl zum Schulpräsidenten, und er hat eine hübsche Cheerleader-Freundin. Doch er besucht auch regelmäßig einen Psychiater, weil er unter Ängsten leidet und zunehmend Wahnvorstellungen entwickelt. Er beobachtet seine Schwester beim Duschen und glaubt, durch die durchsichtige Duschkabine zu sehen, dass ihr Körper total verdreht ist, der Po befindet sich vorne. Und tatsächlich scheinen sich auch Familie und Freunde langsam zu verändern. Als ihm ein Mitschüler ein merkwürdiges Tonband vorspielt, seine Eltern und seine Schwester unterhalten sich darauf über Inzest und Gruppensex, und dieser Schüler kurz danach stirbt, ahnt Bill, dass etwas Unheimliches in seiner Umgebung vorgeht. Er stellt mit seinem Freund Milo Nachforschungen an und kommt einer geheimen Gesellschaft auf die Schliche. Auf wilden Partys der High Society werden Menschen verspeist und es werden inzestuöse „Paarungen“ vollzogen. Eine solche Party findet ausgerechnet in Bills Elternhaus statt. Dort erfährt er, dass seine Eltern nicht seine richtigen Eltern sind, sondern dass er adoptiert und aufgezogen wurde mit dem Zweck, der elitären Gesellschaft eines Tages als Nahrung zu dienen. Dieser Tag ist nun gekommen. Als sich ein Mitgleid der Gesellschaft über Bill hermacht, grölt die Masse nur: „Saug ihn aus!“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
Der Film „Society“ aus dem Jahr 1989 ist Brian Yuznas erste Regiearbeit und wohl einer seiner politischsten und bedeutendsten Filme. Die bissige Sozialkritik des Films funktioniert zeitlos. Auch und gerade heute liest sich „Society“ als Parabel auf aktuelle Herrschaftsverhältnisse und die zunehmende Aufspaltung der Gesellschaft in Arm und Reich. Yuzna kritisiert Korruption, Elitedenken und einen neuen Rassismus, einen Rassismus der Reichen gegenüber den Armen, die hier im wahrsten Sinne des Wortes „ausgesaugt“ werden. Ein Rassismus, der nur den Reichen u. a. uneingeschränkten Zugang zu Bildung, Gesundheit und gesellschaftlichen Ressourcen ermöglicht. In diesem Sinne haben die Mitglieder der High Society an die Unterschichten nur eine konservative, rassistische Botschaft, die im Film durch den Psychiater vermittelt wird, der Bill warnt: „Menschen sind nun mal das, was sie sind, und du musst lernen, die gesellschaftlichen Regeln, die wir haben, zu akzeptieren... Wenn du diese Regeln nicht akzeptierst, wird etwas ganz Schreckliches passieren... Es gibt Menschen, die Regeln aufstellen, und es gibt Menschen, die sie befolgen müssen... Es hängt nur davon ab, als was du geboren wirst.“ Noch konkreter wird der Psychiater auf der Party im Haus von Bills „Eltern“: „Bill, du gehörst zu einer anderen Rasse als wir, einer anderen Spezies, einer ganz anderen Klasse. Man wird hineingeboren in diese Gesellschaft.“ Hier erinnert der Film stark an John Carpenters Meisterwerk „Sie leben!“ Bills Kontrahent Ted, der ebenfalls der Gesellschaft angehört, bringt es ganz undiplomatisch noch direkter auf den Punkt: „Die Reichen haben arme Schlucker wie dich immer schon geschluckt.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
In John Carpenters Film sind es ja tatsächlich Außerirdische, während es sich in „Society“ wohl um eine alte Rasse handelt, die sich parallel zur menschlichen entwickelt hat. Der Film geht nicht genauer auf dieses Thema ein. Die Gefühlskälte der Mitglieder der geheimen Gesellschaft wird im Film auch symbolisiert durch das Verhalten von Bills Familie. Als Bill ihnen mitteilt, dass ein Mitschüler gestorben ist, reagieren sie kalt und uninteressiert. Seine Schwester will nur wissen, was er anzieht. „Auf der Beerdigung?“, fragt Bill. „Nein, auf der Party heute Abend.“<br />
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Der Film kommt in der ersten Hälfte noch etwas daher wie eine Teenagerkomödie, wenn auch hier schon mit klaren Anspielungen. Doch dann nimmt er schnell an Fahrt auf. Berühmt und berüchtigt ist der Film „Society“, der in Deutschland auch mal unter dem Titel „Dark Society“ veröffentlicht wurde, für seine Schlussszenen, die letzten circa 15 Minuten. Die Mitglieder der High Society mit ihren schleimigen, völlig deformierten Körpern, sinnbildlich wohl für die deformierte Psyche der anderen Rasse, feiern eine orgiastische, inzestuöse Orgie, bei der auch ein Mensch „ausgesaugt“ wird. Hier zeigt Yuzna „glitschige“, eklige Bilder, die man so noch nicht gesehen hat und sich nur mit gesundem Magen anschauen sollte. Musikalisch begleitet wird das Ganze von Johann Strauss' „An der schönen blauen Donau“. Hände suchen sich über den Anus den Weg durch den Körper und kommen aus dem Mund heraus, Körper verschmelzen miteinander, und manche Mitglieder der High Society verwandeln sich in echte „Arschgesichter“. Der Spezialeffekte-Künstler Joji „Screaming Mad George“ Tani hat hier ganze Arbeit geleistet (siehe Foto). Die Botschaft am Ende des Films ist eindeutig. Hier muss einiges „umgestülpt“ werden. Das letzte Wort haben aber wieder die Mitglieder der geheimen Gesellschaft, die ankündigen, ihre Aktivitäten nun nach Washington zu verlegen... </div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
„Society“ sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Mit seiner zeitlosen Gesellschaftskritik und den fulminanten, einmaligen Bildern gegen Ende des Films erhebt er sich weit über den Durchschnitt ähnlicher Genreproduktionen. „Society“ wurde 1990 indiziert und erhielt erst im Juli 2013 die FSK-16-Freigabe. Er liegt jetzt ungeschnitten vor. </div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i> Duschszene Schwester // Orgie der Society // Arschgesicht // Mutter und Tochter zu einem Körper verschmolzen // Gesichter verschmelzen mit menschlicher Nahrung</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung:</i> (7,5/10)</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-23840647462221150632013-11-03T17:56:00.000+01:002018-11-21T23:21:15.618+01:00Der skandinavische Horrorfilm. Kultur- und ästhetikgeschichtliche Perspektiven<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
Niels Penke (Hg.): <b>Der skandinavische Horrorfilm. Kultur- und ästhetikgeschichtliche Perspektiven,</b> Bielefeld 2013</div>
<br />
Zum ersten Mal wird hier der Versuch
unternommen, einen Überblick über die Geschichte des
skandinavischen Horrorfilms zu geben. Mit ein Grund dafür könnte
der enorme Anstieg der skandinavischen Horrorfilmproduktion seit
Mitte/Ende der 1990er-Jahre gewesen sein. Lars von Triers TV-Serie
„Geister“ hat hier sicherlich Vorarbeit geleistet. Seit 2003 kam
es zu einer gefühlten Explosion der Horrorfilmproduktion. Während
in der Frühphase des Films in Skandinavien durchaus eine Reihe von
Klassikern des Horrorgenres geschaffen wurden wie Victor Sjöströms
„Der Fuhrmann des Todes“ (SW 1921), Benjamin Christensens „Häxan“
(SW 1922) oder Carl Theodor Dreyers „Vampyr“ (DK 1932), die
Ausgangspunkt einer Tradition hätten werden können, folgten bis in
die 1990er-Jahre hinein nur noch ein wenig mehr als ein Dutzend Filme
dieses Genres. Darunter auch Ingmar Bergmans „Die Stunde des Wolfs“
(1968), ein Film, der zweifellos dem Genre des Horrorfilms zuzuordnen
ist. Auch Bergmans „Das siebente Siegel“ (1957) mit dem
personifizierten Tod und „Die Jungfrauenquelle“ (1959) können im
weitesten Sinne dem Horrorgenre zugerechnet werden. Besonders
Letzterer diente Wes Craven als Inspirationsquelle für seinen
Exploitation-Horrorfilm „The Last House On The Left“ (1972).<br />
<br />
In den letzten Jahren wurden wir aus
Skandinavien dann mit so unterschiedlichen Filmen wie „Cold Prey“
(2006), „Frostbite“ (2006), „So finster die Nacht“ (2008),
„Sauna“ (2008), „Antichrist“ (2009), „Reykjavik Whale
Watching Massacre“ (2009), „Dead Snow“ (2009), „Trollhunter“
(2010) und anderen beliefert und unterhalten. Die meisten der bis
jetzt erwähnten Filme sind Gegenstand der kultur- und
ästhetikgeschichtlichen Untersuchungen in dem Buch. Unter anderem in
komparatistischer Perspektive werden die skandinavischen Originale
internationalen Horrorfilmen gegenübergestellt. So wird das
Spezifische dänischer, norwegischer, schwedischer, finnischer und
isländischer Filme (z.B. bezüglich der Rolle der Natur, Mythologie,
nationaler und kultureller Besonderheiten etc.) herausgearbeitet.
Marcus Stiglegger („Der ewige Schlaf. Über Vampyr von Carl Theodor
Dreyer“) vergleicht in seinem Beitrag den Film „Vampyr“ unter
filmästhetischen und inhaltlichen Gesichtspunkten mit
internationalen Werken aus dem Horrorgenre, unter anderem mit Lucio
Fulcis „Geisterstadt der Zombies“ (1980) oder den Werken Jean
Rollins. Sehr gut gefallen hat mir auch der Aufsatz von Judith
Wassiltschenko mit dem Titel „Globaler Kulturaustausch im
Horrorgenre am Beispiel von 'Fritt Vilt' (Cold Prey, FS) und 'Reykjavik Whale Watching Massacre'.“ Weitere Beiträge
beschäftigen sich u. a. mit der Figur des Todes in „Der Fuhrmann
des Todes“, mit Ingmar Bergmans „Die Stunde des Wolfs“, Lars
von Triers „Geister“ und „Antichrist“, der (De-)Konstruktion
von Rollenbildern in schwedischen Vampirfilmen, mit dem Verhältnis
von Räumlichkeit und Männlichkeitskonzepten im Film „Sauna“ und
der Wiederkehr des Vergangenen in der Splatterkomödie „Dead Snow“.
Petra Schrackmann wirft einen Blick auf das Phänomen der US-Remakes
skandinavischer Horror- und Mysteryfilme. Das Buch als Ganzes gibt
allgemein einen sehr guten Überblick über die Geschichte des
skandinavischen Horrorfilms und ist somit für den interessierten
deutschsprachigen Leser von einzigartigem Wert.<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
„Der skandinavische Horrorfilm“ ist
leider sehr schlecht lektoriert worden. Es ist eben keine gute Idee,
dem Herausgeber, selbst wenn er auch Germanistik studiert hat,
gleichzeitig das verantwortungsvolle Handwerk eines Lektors zu
übertragen. Das mag dem Verlag Geld sparen, ist der Sache aber nicht
dienlich. Fehler springen einen gefühlt auf jeder zweiten Seite an,
und der Lektor bzw. einige Autoren standen definitiv auf dem
Kriegsfuß mit der Kommasetzung. Hoffentlich sind die Fakten,
Jahreszahlen und Namensschreibweisen in dem Buch besser kontrolliert
worden! Im Beitrag von Anna-Marie Mamar („Die Figur des Todes in
Victor Sjöströms Körkarlen“) ist vergessen worden (?), die
schwedischen Zitate ins Deutsche zu übersetzen, was besonders schade
ist, da die Autorin ihre Argumentation oft mit besonders passenden
Zitaten zu untermauern scheint. Selbst im akademischen Milieu wird es
nicht gern gesehen, wenn „exotische“ Sprachen nicht übersetzt
werden (zumindest im Anmerkungsapparat sollte das geschehen), weil es
u. a. die Interdisziplinarität nicht fördert, aber in einem Buch,
das sich auch an allgemein am Horrorfilm interessierte Leser wendet
(das tut es doch?), ist das ein Ärgernis. Den Lese- und
Verstehensprozess ebenfalls nicht erleichtert hat die Tatsache, dass
nahezu sämtliche Autoren in ihren Aufsätzen durchgehend die
skandinavischen Originaltitel verwenden, während die deutschen Titel
sich entweder im Anmerkungsapparat verstecken oder nur einmal im Text
erwähnt werden. Nach unterbrochener Lektüre oder wenn man vor- und
zurückblättert, wird man hier immer mal wieder zum „Suchen“
gezwungen. Und unabhängig davon, wie man zur „Emanzipation“
steht, in einem Aufsatz folgende Sätze zu lesen, die nur vom Inhalt
ablenken, ist der wahre Horror, zumindest für einen im Leseverhalten
offensichtlich noch nicht zeitgemäß konditionierten und
sozialisierten männlichen Rezensenten: „Doch da diese Filme auch
von Nicht-NorwegerInnen bzw. Nicht-SkandinavierInnen gesehen werden,
dürften auch kommerzielle Erwägungen auf der ProduzentInnen-Seite
bestehen, ...“ (S. 197). Irgendwie konsequent ist es, wenn den
AutorInnen skandinavischer Texte in der deutschen Übersetzung die
gleiche „Innen“-Schreibweise aufgenötigt wird. Albern wird es,
wenn man (Neben-)Sätze liest wie „... einE anonymeR RezensentIn
nennt“ (S. 206, Großbuchstaben im Original!, FS). Trotz des nicht
ganz leserfreundlichen Lektorats bleibt das Buch für mich dennoch
eine klare Empfehlung.</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-19319237553509287722013-10-17T01:37:00.000+02:002018-11-26T19:38:58.912+01:00Extinction - The G.M.O. Chronicles<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Extinction – The G.M.O. Chronicles</b>
(Deutschland 2011, Regie: Niki Drozdowski)</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Kritik:</i> Ein Jahr vor der
Atomkatastrophe in Fukushima explodieren in diesem Zombiefilm in
Europa die Atomkraftwerke und nötigen den Protagonisten den Plan auf,
über Gibraltar nach Afrika zu fliehen, um der Strahlenkrankheit zu
entkommen. Und zwei Jahre vor dem NSA-Skandal telefoniert ein in
Deutschland tätiger NSA-Agent regelmäßig mit seinen Vorgesetzten.
Er weiß mehr über die Ursachen der Zombie-Apokalypse, doch nicht
einmal seiner Tochter hat er davon erzählt. Man kann Niki
Drozdowski, dem Produzenten, Regisseur und Autor von „Extinction –
The G.M.O. Chronicles“ in diesen beiden Punkten ein nahezu
prophetisches Gespür in der Themensetzung bescheinigen. Ein außer
Kontrolle geratenes Virus eines Biotechunternehmens ist die Ursache
dafür, dass sich die meisten Menschen in Zombies verwandeln (na
hoffentlich hat Drozdowski hier nicht noch eine weitere Vorahnung
verarbeitet).</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
„Extinction“ erzählt die
Geschichte einer Handvoll Überlebender, die offensichtlich immun
sind. Sie besorgen sich Nahrung und Waffen und verstecken sich in
einem riesigen umzäunten Areal, einem ehemaligen amerikanischen
Militärgelände. Hier wähnen sie sich zunächst in Sicherheit vor
den schnellen und langsamen Zombies, die nur tagsüber aktiv sind und
nachts in eine Art Starre verfallen. Doch einige Zombies entwickeln
sich ständig weiter. Irgendwann werden sie auch nachts zur
Bedrohung, und selbst hohe Zäune stellen für sie kein Hindernis
mehr dar. Die Gruppe muss ihr sicher geglaubtes Versteck verlassen.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
„Extinction“ ist ein deutscher
Zombiefilm, der in und um Köln gedreht wurde. Jeder Versuch, in
Deutschland dem Genrekino zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen, ist
grundsätzlich lobenswert. Und es gelingt dem Film sehr gut, eine
bedrohliche, apokalyptische Atmosphäre zu schaffen. Die Bilder von
Zombies, die durch erkennbar deutsche Straßen und Vororte laufen,
sind gelungen, prägen sich ein und gehen einem nahe, weil einem
alles so bekannt vorkommt. Das Bild des Atomkraftwerks, aus dem Rauch
aufsteigt, hinterlässt ebenfalls bleibenden Eindruck genauso wie der
Panoramablick auf das endzeitliche Köln.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
Die entsättigten Farben und die teils
monochrome Farbgebung unterstützen den düsteren Eindruck der
Szenerie. Die Stärke des Films liegt besonders im visuellen Bereich.
Daher ist es wirklich, wirklich schade, dass „Extinction“ in
anderen Bereichen so stark abfällt. Die Figuren bleiben erschreckend
eindimensional und klischeehaft (der Scharfschütze aus dem Kosovo,
der Bundeswehrsoldat, der nicht zielen kann, die Tochter des Agenten,
der Kriminelle, der Eifersüchtige, der durchgeknallte Priester
etc.), die Dialoge sind mittelmäßig bis schwach und die
Nachsynchronisation hört sich grausam an - was die Aufmerksamkeit
noch mal besonders auf das gesprochene Wort lenkt. Der Film wurde in
Englisch gedreht und offensichtlich im Studio deutsch
nachsynchronisiert. Das ist übel, gerade vor dem Hintergrund, dass
man den Mut hatte, einen deutschen Zombiefilm in deutschen Städten
mit deutschen Schauspielern zu drehen.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
„Extinction“ hat im Mittelteil
einige Längen und bei manchen Actionszenen fehlte es offensichtlich
an Genauigkeit. Wenn zum Beispiel deutlich hörbar nur ein Schuss
fällt, aber zwei Zombies gleichzeitig ungeschickt hinfallen, dann
mutet das doch sehr merkwürdig an. Und wie leicht die Zombies mit
Eisenketten gesicherte Tore eintreten (was ist da eigentlich mit den
Ketten geschehen?), gibt auch zu denken. Dass erwachsene Menschen wie
Cowboy spielende Kinder meinen, einen „Anführer“ wählen zu
müssen, stößt auf und reißt einen irgendwie aus der Geschichte.
Der Höhepunkt ist der Kriminelle, der 16 Tage in einer Zelle gesessen hat und sich ausschließlich von Toilettenwasser und Klopapier ernährt haben will. Sein Verhalten spiegelt in keinster Weise wider, was er durchgemacht haben muss. Er benimmt sich völlig ruhig, so als ob man ihn nur mal ein, zwei Stunden zu lange beim Arzt hat warten lassen. Der Film hinterlässt insgesamt einen zwiespältigen Eindruck. Der
Satz „Da wäre mehr möglich gewesen!“ drängt sich unweigerlich
auf. Einerseits visuell starke, realistisch wirkende Szenen einer
Apokalypse in Deutschland, andererseits allenfalls nur durchschnittlich agierende Darsteller, schwache
Dialoge, schlechtes Drehbuch sowie handwerkliche Fragezeichen. Das größte Fragezeichen
bleibt aber ein Zitat aus der „Kölnischen Rundschau“, mit dem
auf dem Cover geworben wird: „Szenarien wie bei ,Herr der Ringe‘.“
Na wenn das mal keine falschen Erwartungen weckt. Obwohl, Pfeil und
Bogen, Wald, eine Burg und „Gefährten“ bieten beide Filme. Na
dann...</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i>
kreischende Zombiefrau ohne Augen // rauchendes Atomkraftwerk //
Zombies klettern eine Burg hinauf und werfen Schatten an die Wand //
das Panorama des endzeitlichen Köln</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung:</i> (5,5/10)</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-53962326119065735482013-10-10T00:46:00.000+02:002018-12-01T01:50:03.103+01:00Dark Beach - Insel des Grauens<style type="text/css">P { margin-bottom: 0.21cm; }</style>
<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<b>Dark Beach - Insel des Grauens</b> (OT: Uninhabited, Australien
2010, Regie: Bill Bennett)</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Kritik:</i> Harry (Henry James) und Beth
(Geraldine Hakewill) lassen sich mit einem Boot auf eine abgelegene
Insel im Great Barrier Reef bringen. Dort wollen sie in aller
Abgeschiedenheit einen zehntägigen Liebesurlaub verbringen. Zur
Sicherheit haben sie zwar ein Satellitentelefon dabei, doch wenn sie
nichts von sich hören lassen, kommt das Boot erst wieder nach eben
diesen zehn Tagen vorbei, um sie abzuholen. Für den gemeinen
Westeuropäer ist das kein idyllischer Ort und keine ideale
Voraussetzung für einen entspannten Campingurlaub, trotz Sonne,
Strand und Meer. Doch der Meeresbiologin macht es nichts aus,
zwischen kleinen Haien, Seeschlangen, Stachelrochen und giftigen
Steinfischen herumzuplantschen, und auch ihr Freund sagt überzeugt:
„Ich habe vor gar nichts Angst!“ Diese Worte sollte man in einem
Horrorfilm niemals aussprechen ebenso wenig wie den Satz: „Ich
komme gleich wieder.“</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
So dauert es auch nicht lange, bis den
zwei scheinbar angstbefreiten Protagonisten etwas mulmig wird. Fremde
Fußspuren im Sand deuten darauf hin, dass sie nicht alleine sind.
Zunächst denken sie an einen Streich irgendwelcher Kids, doch
nachdem sie die Insel abgesucht haben, müssen sie feststellen, dass
sich dort niemand anderes aufhält. Eines Morgens entdecken sie
Aufnahmen auf ihrer Videokamera, die sie nicht gemacht haben. Ein
Fremder hat Beth und Harry gefilmt, während sie schliefen.
Aufgeschlitzte und auf Spieße drapierte Seegurken und der Fund einer
Hütte im Inselwäldchen samt Grabstätte geben ihnen den Rest, Panik
zieht auf. Doch es ist zu spät, sie befinden sich bereits im Sog von
Ereignissen, die sie nicht mehr kontrollieren können.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Der stilsicheren Regie von Bill Bennett
gelingt es wunderbar, vor allem in der ersten Hälfte des Films, eine
Atmosphäre der Bedrohung zu schaffen, und das ganz ohne
Blutvergießen. Ein 360-Grad-Kameraschwenk, der mich an den aus „Tanz
der Teufel 2“ erinnert hat, macht gleich am Anfang klar, wo wir uns
befinden: an einem Ort, von dem es kein Entrinnen gibt. Die
Abgeschiedenheit des Ortes ist ein klassisches Rezept im Horrorfilm.
Dabei ist es egal, ob es sich um eine Hütte im Wald handelt, die von
einem Meer von Bäumen umgeben ist, oder um eine einsame Insel mit Bäumen, die von Meer umgeben ist, wie in „Dark Beach“.<br />
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Das
zweite klassische Problem, das jeder Horrorfilmregisseur heute zu
lösen hat, ist das der (nicht möglichen) Kommunikation. Im
Backwood-Horror ist es gerne das oft bemühte Funkloch, in „Dark
Beach“ verschwindet, Überraschung, das Satellitentelefon auf
spukhafte Weise...</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
Über eineinhalb Minuten dauert der erwähnte
360-Grad-Kameraschwenk, der im Grunde nichts anderes zeigt als Weite,
Meer, Sand und Bäume. Und doch strahlt diese Plansequenz eine
Bedrohlichkeit aus, die in bester australischer Manier an ähnlich
düster-stimmungsvolle Natur-Aufnahmen aus „Picknick am
Valentinstag“ (1975) und „Long Weekend“ (1978, Remake: 2008)
erinnert. Was die Inszenierung betrifft, hat „Dark Beach“ in der
Tat große Ähnlichkeit mit diesen Filmen. Es ist ein leiser, feiner
Gruselfilm, der mit Geräuschen, guter Kameraarbeit und einer
unheimlich dichten Atmosphäre subtilen Schauer erzeugt. Die
Schauspielerleistungen sind eher durchschnittlich, und das Drehbuch
hätte seinen zwei Hauptdarstellern an manchen Stellen besser etwas
weniger einfältiges Verhalten vorschreiben sollen. Im letzten Teil von „Dark Beach“, als sich zunehmend klärt, wer oder was hinter dem Spuk steckt, fällt der Film meiner Meinung nach zwar etwas ab, aber
den insgesamt guten Gesamteindruck kann das nicht trüben. Und das Ende von „Dark Beach“, an dem eines der oben genannten unsympathischen Viecher eine Hauptrolle spielt, ist zusammen mit den letzten Einstellungen wiederum sehr gelungen.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Negative
Bewertungen des Films hängen vor allem mit einer falschen
Erwartungshaltung zusammen. Es ist ein ruhiger Gruselfilm, der von
der Atmosphäre lebt und von der Identifikation mit den
Hauptdarstellern, in deren zunehmend ausweglose Situation man sich
gut hineinversetzen kann. „Dark Beach“ nimmt nur in wenigen
Momenten etwas an Fahrt auf, zum Beispiel als Fischer, die illegal
Haie schießen, auf die Insel kommen und Harry und Beth zusätzlich
das Leben schwer machen. Mir hat der Film gut gefallen, doch wem
„Picknick am Valentinstag“ und „Long Weekend“ zu
unspektakulär waren, der sollte auch von „Dark Beach“ besser
Abstand nehmen.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i>
360-Grad-Kameraschwenk // aufgeschlitzte Seegurken</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung:</i> (7/10)</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-35435434054933159812013-09-13T21:35:00.002+02:002018-11-21T23:23:11.291+01:00Dario Argento. Anatomie der Angst<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
Michael Flintrop, Marcus Stiglegger
(Hrsg.): <b>Dario Argento. Anatomie der Angst,</b> Berlin 2013</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Ganz still und heimlich ist in
deutschen Landen etwas passiert, was niemand mehr für möglich gehalten hätte: nein, nicht die Abschaffung der staatlichen Zensur
in Deutschland... Erstmals ist im deutschsprachigen Raum ein Buch von
über 30 hervorragenden Filmwissenschaftlern und Filmkennern erschienen,
das sich mit dem Werk von Dario Argento befasst, einem der
einflussreichsten und ungewöhnlichsten Filmemacher Europas. Warum
das so außergewöhnlich ist? Dr. Marcus Stiglegger bringt es auf den
Punkt: Es sind die Vertreter der deutschsprachigen Filmwissenschaft,
„die anders als im englischsprachigen Raum die Bedeutung von
Genrevisionären wie Argento erfolgreich im wissenschaftlichen
Diskurs marginalisieren... immer dieselben Beispiele als ,Klassiker‘
glorifizieren... und (somit) für die relative Resonanzlosigkeit der
deutschsprachigen Filmforschung international“ verantwortlich sind.
Aber es ist nicht nur die konservative deutsche Filmwissenschaft
allein, sondern die unheilige Allianz dieser mit dem perfiden
staatlichen Zensursystem, das es außergewöhnlichen Filmemachern,
besonders aus dem Bereich des Horrorfilms, in Deutschland so schwer
macht. Umso mehr muss man den Herausgebern Michael Flintrop und
Marcus Stiglegger für dieses Buch danken, das ihnen schon seit
Jahren am Herzen lag.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br />
Marcus Stiglegger gibt in seinem
einführenden Aufsatz eine kenntnisreiche Einführung in das
Gesamtwerk Dario Argentos. Er präsentiert einen Überblick über die
unterschiedlichen Schaffensphasen des italienischen Regisseurs,
dessen Kino er als „performatives Kino der Sensation“ definiert.
„Sensation, da es mit Bild und Ton direkt an die Sinne des
Publikums appelliert, und performativ, da es sich über narrative
Logik hinwegsetzt und Bild und Klang sich verselbstständigen lässt,
um diesen Angriff auf die Sinne zu garantieren.“ Besser kann man
das Wesen der meisten Filme von Argento nicht beschreiben. Stiglegger
fasst in seinem Beitrag weiter die für Argento typischen Stilmittel
(entfesselte Kamera, suggestive Montage, irritierende Klangwelt etc.)
und Motive (unschuldig involvierter Protagonist, traumatisierte
Täter, Tiere, Okkultismen etc.) zusammen. Was Stiglegger zum Teil
nur andeutet und beschreibt, wird in vielen der folgenden
thematischen Aufsätze weiter vertieft. Allein zwei Beiträge
(Dominik Graf, Marc Fehse) beschäftigen sich ausführlich mit der
Musik in den Filmen Argentos. Andere Autoren untersuchen den für
viele Filmarbeiten Argentos obsessiven Einsatz von Gemälden und
anderen Kunstobjekten (Joanna Barck) oder analysieren die Bedeutung
des (unheimlichen) Raumes in Filmen wie „Suspiria“, „Profondo
Rosso“, „Tenebre“ etc. (Johannes Binotto). Jörg von Brincken
betrachtet „Dario Argentos Filme im Spiegel des Grand Guignol“
und stellt besonders die innige Verbindung zwischen dem
Grand-Guignol-Theater und den Filmen Argentos bzw. dem Gore-Genre als
Ganzes heraus. Heiko Nemitz fragt sich in seinem Beitrag, was Dario
Argento und Brian de Palma verbindet und trennt. Einen ähnlichen
Ansatz hat Ingo Knott, der Dario Argento und Mario Bava vergleicht.
Dabei interessiert ihn besonders, ob Argento wirklich eine Art
„Bava-Jünger“ ist. Eine Aussage, mit der Dario Argento immer
wieder konfrontiert wird, die er aber ebenso häufig von sich weist.
Etwas mehr als die Halfte des Buches besteht aus solchen und
ähnlichen Themenaufsätzen. Hervorzuheben ist hier noch, besonders
für die Münchner Fans des Films „Suspiria“, der Beitrag von
Sebastian Selig: „Zur Escherstraße. Eine Reise zu den Drehorten
von Suspiria (1977).“ Dieser Beitrag ist auch in der Ausgabe 95 der
Zeitschrift „Splatting Image“ abgedruckt. Der zweite, etwas
weniger umfangreiche Teil des Buches besteht aus in der Regel
vierseitigen Filmbesprechungen. 23 Werke Argentos werden aus
unterschiedlichen Blickwinkeln von verschiedenen Autoren besprochen.
Das Buch „Dario Argento. Anatomie der Angst“ gibt einen Überblick
über Filme und Facetten des italienischen Regisseurs von
„Giallo“-Thrillern und Horrorfilmen und ist von enzyklopädischem
Wert. Es wurde, um mit den Worten von Marcus Stiglegger zu schließen,
„reich und liebevoll gestaltet, als wäre es das letzte seiner
Art“. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-2448186675549391512013-09-03T20:28:00.004+02:002018-11-21T23:23:52.943+01:00Unheimliche Geschichten<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Unheimliche Geschichten</b> (Deutschland
1919, Regie: Richard Oswald)</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Kritik:</i> Der Episodenfilm „Unheimliche
Geschichten“ aus dem Jahr 1919 kann als einer der ersten
Gruselfilme der Filmgeschichte angesehen werden. Das war auch der Tenor zeitgenössischer Kritiker. Die „Licht-Bühne“ (Nr. 46, 15.
November 1919) schrieb sechs Tage nach der Premiere: „Richard
Oswald … hat nun den Film des Unheimlichen geschaffen.“ Im
„Berliner Tageblatt“ vom 8. November 1919 war zu lesen: „Zum
ersten Mal ist hier eine Reihe von Filmeinaktern geboten, die auf
einen ganz bestimmten Ton, den des Unheimlichen, gestimmt sind.“<br />
<br />
Richard Oswalds „Unheimliche Geschichten“ besteht aus fünf
Episoden plus Rahmenhandlung. In einem Buchantiquariat steigen um
Mitternacht der Tod, der Teufel und eine Dirne von den Wänden, wo
sie eingerahmt als Bilder hingen, und erzählen sich gegenseitig Gruselgeschichten. Conrad Veidt (der Tod), Reinhold Schünzel (der
Teufel) und Anita Berber (Dirne) spielen auch in diesen fünf
Geschichten die Hauptrollen. Erzählungen bekannter Autoren wie u. a.
Robert Louis Stevenson oder Edgar Allan Poe dienten als Vorlage.
Besonders die Episode „Die schwarze Katze“ nach Edgar Allan Poe
dürfte dem Freund des gepflegten Grusels bekannt vorkommen, wurde
sie doch schon etliche Male verfilmt. Hier zeigt Reinhold Schünzel
als betrunkener Ehemann, der seine Frau im Keller einmauert, eine
herausrag (Foto: Reinhold Schünzel mit Anita Berber in „Die schwarze Katze“).<br />
<br />
In „Die Erscheinung“
geht es um eine Frau, die in ein Hotel eincheckt und über
Nacht verschwindet. „Die Hand“ handelt von der Hand eines
Ermordeten, die den Täter noch aus dem Jenseits verfolgt. „Der
Selbstmörder-Klub“ erzählt die Geschichte eines
Polizeikommissars, der in einen Geheimbund gerät und plötzlich um
sein Leben fürchten muss. In „Der Spuk“ vertreibt ein
eifersüchtiger Ehemann seinen Nebenbuhler auf gruselige Art und
Weise. Conrad Veidt, bekannt als Somnambuler Cesare aus „Das
Cabinet des Dr. Caligari“ (1920), kann in „Unheimliche
Geschichten“ noch mehr Facetten seines Könnens zeigen als in dem
Horrorfilmklassiker von Robert Wiene. Ein wahrhaft charismatischer
Schauspieler, der hohlwangig und hochgewachsen, mit seiner Mimik,
Ausstrahlung und einmaligen Leinwandpräsenz auch heute noch jeden
Film bereichern würde. Mal hat er mich an Udo Kier erinnert, dann
wieder an Julian Sands und andere Hollywoodgrößen. Skandalnudel und
(Nackt-)Tänzerin Anita Berber komplettiert das wunderbar
aufspielende Trio und kann in einer Episode („Die Hand“) sogar
ihr tänzerisches Talent aufblitzen lassen. Es war ein großer
Verlust, dass sie, durch ein ruheloses, „unmoralisches“ Leben und
Drogenkonsum geschwächt, schon neun Jahre später (1928) mit nur 29
Jahren an Tuberkulose starb.<br />
<br />
Das Zusammenspiel der drei erwähnten
Schauspieler ist meisterhaft und trägt wesentlich zur Qualität der
„Unheimlichen Geschichten“ bei. Daneben ist es die gekonnte
Inszenierung durch Richard Oswald und der sparsame Einsatz der
Texttafeln, die diesen frühen Gruselfilm auszeichnen. Besonders die
wenigen Zwischentitel und die Kürze der Episoden (Gesamtdauer: 99
Minuten) macht „Unheimliche Geschichten“ auch für
Stummfilm-Einsteiger interessant und leicht konsumierbar. Der
Gruselfaktor hält sich für den heutigen Betrachter allerdings in
Grenzen, hier kommt Richard Oswalds Episodenfilm nicht an die
Klassiker von Robert Wiene („Das Cabinet des Dr. Caligari“) und
Friedrich Wilhelm Murnau („Nosferatu – Eine Symphonie des
Grauens“, 1922) heran. „Unheimliche Geschichten“ ist in der
Reihe „Juwelen der Filmgeschichte“ erschienen, und das zu Recht.
Seine filmhistorische Bedeutung liegt darin, dass er in Ansätzen ein
frühes Beispiel für den expressionistischen Gruselfilm darstellt,
der nach dem Ersten Weltkrieg, besonders mit „Das Cabinet des Dr.
Caligari“, den Weltruf des deutschen Kinos begründete.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i><br /></i></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i>
tanzende Anita Berber // Teufel, Tod und Dirne</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i><br /></i></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung:</i> (7/10)</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-41758301102920875562013-09-01T13:49:00.000+02:002018-11-21T23:43:08.913+01:00Der Rattengott<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Der Rattengot</b>t
(OT: Izbavitelj, Jugoslawien 1976, Regie: Krsto Papic)</div>
</div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<i>Kritik:</i> Im Jahr
1982 hatte ich den Ostblock-Horrorfilm „Der Rattengott“ zum
ersten Mal gesehen, und zwar im ZDF im Rahmen der von mir so
geliebten Reihe „Der phantastische Film“. Der Film, der nach
einer Vorlage des russischen Schriftstellers Alexander Grin („Der
Rattenfänger“) entstanden ist, hat einen bleibenden Eindruck bei
mir hinterlassen, einige Bilder haben sich meinem Gedächtnis nahezu
eingebrannt. Zum Beispiel die Rattenmenschen mit ihren
teils deutlich sichtbaren, teils angedeuteten Nagezähnen (die
aussehen wie die Zähne Nosferatus in Murnaus gleichnamigem
Stummfilmklassiker), ihren behaarten und spitzen Gesichtern. Oder das
Fest der Rattenmenschen in der verlassenen Zentralbank, das von
Fress-, Tanz- und Sexorgien geprägt ist. Es ist unbestritten, dass
„Der Rattengott“ eine Parabel auf den Faschismus ist, „eine
Metapher für die nationalsozialistische Unterwanderung einer
wirtschaftlich geschwächten Gesellschaft“ (Marcus Stiglegger).
Dennoch überrascht es, dass dieser Film anscheinend problemlos die
Hürden der kommunistischen Zensur genommen hat. Denn jede Kritik am
Faschismus war/ist ja gleichzeitig eine Kritik an jeder Diktatur mit
Heilsversprechen und Exklusivitätsanspruch. Und Diktaturen mit
Heilsversprechen und Exklusivitätsanspruch waren schließlich auch
die zeitgenössischen kommunistischen Herrschaftssysteme. Wir haben
es also einem „guten“ Tag der Zensoren zu verdanken, dass uns
dieses Filmjuwel erhalten geblieben ist. Und wohl auch der Tatsache,
dass der jugoslawische Kommunismus zu dieser Zeit nicht ganz so
dogmatisch daherkam wie der sowjetische. Besonders im Bereich der
Kunst.</div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br />
Der Film spielt in
der Tschechei 1925. Nach dem Ersten Weltkrieg befindet sich die Welt
in einer Wirtschaftskrise. Anhand der Person Ivan Gajski (Ivica
Vidovic) zeigt der Film die Auswirkungen dieser Krise. Jobs gibt es
keine, und so verliert der erfolglose Schriftsteller, der ein wenig
an den jungen Roman Polanski erinnert, seine Wohnung, weil er seit
drei Monaten die Miete nicht mehr bezahlt hat. Auf dem Flohmarkt will
er seine letzten drei Bücher verkaufen und lernt dabei Sonja kennen,
die hübsche Tochter von Professor Boskovic, die er aber zunächst
wieder aus den Augen verliert. Sein Nachtquartier nimmt sich Ivan in
einer verlassenen und verriegelten Zentralbank, in die er einbricht.
Dort wird er Zeuge einer opulenten Orgie der feinen und reichen
Gesellschaft. So scheint es zumindest. Später stellt sich heraus,
dass die Gestalten nur den Anschein erwecken, Menschen zu sein. In
Wirklichkeit sind es Ratten, die die Fähigkeit haben, sich in
Menschen zu verwandeln und die ihnen hörigen Menschen in Mischwesen.
Erklärtes Ziel ist es, geführt von einem Rattengott, die
Weltherrschaft zu erlangen. Ivan nimmt Kontakt mit Sonja auf und
erfährt so, dass ihr Vater, Professor Boskovic, das Geheimnis der
Ratten entdeckt hat und dabei ist, ein Anti-Ratten-Spray zu
entwickeln. Zusammen mit Ivan will er den Ratten nun Einhalt
gebieten. Doch sowohl Stadtverwaltung als auch Gesellschaft sind
schon von Rattenmenschen unterwandert. Wem kann man noch vertrauen?</div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br />
Der spannende Film
hat eine klare Symbolik und Sprache. In der unter anderem aus Vogelperspektive
gefilmten Orgie der Rattenmenschen sieht man die Anordnung der
Festtische, die grafisch die Hälfte eines Hakenkreuzes darstellen (Foto).<br />
<br />
Der Rattengott wird als charismatischer Führer gezeigt, und die
Hoffnung von Professor Boskovic und Ivan beruht darauf, dass der
„faschistische“ Spuk vorbei sein wird, wenn es gelingt, den
Rattengott zu töten. Das Thema der heimlichen Unterwanderung der
Gesellschaft durch „Andere“ erinnert an viele amerikanische
B-Movies aus den 50er-Jahren. Unter anderem fallen sofort Parallelen
zu Don Siegels „Die Dämonischen“ aus dem Jahr 1956 auf: zum
Beispiel, als die Masse der Rattenmenschen den noch nicht
transformierten Ivan Gajski entdeckt und hinter ihm herstürzt. Auch
an John Carpenters „Sie leben!“ (1989) wird man erinnert, als
Ivan das Rattengift auf den Straßen verteilt und durch die
„enttarnten“ Rattenmenschen dann sichtbar wird, wer Mensch ist
und wer nicht. Im Grunde hat der Film Ähnlichkeit mit all den
fantastischen Kalter-Krieg-Filmen, die in ihren Subtexten nichts
anderes verhandeln als die Angst vor heimlicher (kommunistischer)
Unterwanderung und Gleichmacherei. „Der Rattengott“ gehört zum
sogenannten Transformationshorror (Gestaltwandlerfilme). Was ihn filmgeschichtlich besonders interessant macht, ist die hier andere „Stoßrichtung“
der Verwandlung. Nicht ein Mensch verwandelt sich in eine Bestie, wie
zum Beispiel in allen Werwolf-Varianten oder in den
„Katzenmenschen“-Filmen etc., sondern die Bestie, die Ratte,
verwandelt sich in einen Menschen. Auch in den eher
naturalistischeren Szenen weiß der Film Atmosphäre zu kreieren. Die
Ratten werden nicht als weiße Kuscheltiere gezeigt, sondern so, wie
sie sind und den Menschen seit Jahrhunderten schon immer Angst
eingejagt haben: als dicke, graubraune Nager mit schmalen, bedrohlich
wirkenden Augen. Es sind dieser Art atmosphärische Bilder und das
glaubwürdige Setting (Tschechei, 20er-Jahre)<span style="text-decoration: none;">,
die den Film zu einem besonderen Filmerlebnis machen. Der Film ist in
einem wie ich finde wunderbar gestalteten, auf 500 Stück limitierten
Mediabook als DVD erschienen. Es enthält ein Booklet mit einem
kurzen Aufsatz von Filmkenner Marcus Stiglegger mit dem Titel
„Transformationshorror als politische Metapher in Der Rattengott“.</span></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<span style="text-decoration: none;"><i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i> Gesichter der Rattenmenschen // Fest der Rattenmenschen</span></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="font-weight: normal; margin-bottom: 0cm;">
<span style="text-decoration: none;"><i>Bewertung:</i> (8/10)</span></div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-12688358854113503152013-08-25T22:01:00.000+02:002018-11-21T23:25:05.219+01:00Oblivion<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
</div>
<div style="text-align: left;">
<br /></div>
<b><div style="text-align: left;">
<b>Oblivion</b> (OT: Oblivion, USA 2013,
Regie: Joseph Kosinksi)</div>
</b><br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Handlung:</i> Im Jahr 2077 lebt die
Menschheit hoch über den Wolken, weil die Erde 60 Jahre zuvor in
einem Krieg mit außerirdischen „Plünderern“ völlig zerstört
und unbewohnbar wurde. Nur durch den Einsatz von Atombomben konnte
die Menschheit den Krieg gewinnen. Sicherheitstechniker Jack Harper
(Tom Cruise) und eine Kollegin arbeiten auf der Erde, um Anlagen zum
Abbau lebenswichtiger Ressourcen wie Wasserstoff zu überwachen.
Technische Probleme sowie einige Reste der „Plünderer“, die noch
auf der Erde vegetieren, machen ihnen das Leben nicht gerade leicht.
Als Jack Harper eines Tages eine Überlebende aus einem abgestürzten
Raumschiff rettet, setzt das eine Kette von Ereignissen in Gang, die
alles infrage stellen, was Jack je zu wissen glaubte.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i><br /></i>
<i>Kritik:</i> „Oblivion“ kombiniert
Motive aus anderen Science-Fiction-Filmen („Moon“, „Independence
Day“, „2001“) mit eigenen Ansätzen und Ideen nicht ungeschickt
zu einer originellen Geschichte, die Themen wie Individualität,
Liebe, Opferbereitschaft, Menschsein und Verantwortung gegenüber der
Umwelt verhandelt. „Wir haben gewonnen!“, sagt die von Tom Cruise
gespielte Figur und meint damit den Krieg gegen die außerirdischen
„Plünderer“, die unter anderem den Mond zerstört und damit eine
Reihe von Naturkatastrophen ausgelöst haben. Zu welchem Preis dieser
Sieg erkauft wurde, dem flächendeckenden Einsatz von Atombomben, der
die Erde in eine postapokalyptische Landschaft verwandelt hat, zeigt
der Film in zum Teil beeindruckenden Bildern. Aber es gibt noch Hoffnung.
Neben verstrahlten, unbewohnbaren Zonen gibt es wieder grüne
Gegenden, in denen sich das Leben erholt. Doch die Menschen haben die
Erde aufgegeben. So scheint es. Allein durch diese Umweltthematik
atmet „Oblivion“ die Atmosphäre einiger guter alter
Science-Fiction-Klassiker aus den 70er-Jahren des vorigen
Jahrhunderts. Die Geschichte ist spannend erzählt und dramaturgisch
gut aufgebaut. Erst nach einigen überraschenden Wendungen und
langsam zurückkehrenden Erinnerungen der Hauptfigur, die in
Rückblenden präsentiert werden, hebt sich langsam der Schleier, der
den wahren Gang der Ereignisse verhüllte. Das Thema Erinnerungen und
Vergessen (Oblivion = Vergessen, Vergessenheit) zieht sich
leitmotivisch durch den ganzen Film. Schon am Anfang erfahren wir,
dass gelöschte Erinnerungen Voraussetzung dafür sind, auf der Erde
überhaupt arbeiten zu dürfen. Vor dem Hintergrund einer rührigen
Liebesgeschichte und der Diskussion des Doppelgängermotivs stellt
der Film darüber hinaus die Frage, was den Menschen als Individuum
überhaupt auszeichnet. Und die Antwort, die „Oblivion“ gibt, ist
spätestens nach dem mit viel Pathos präsentierten Finale eindeutig.
Von den Schauspielern hat mir besonders Andrea Riseborough in der
Rolle der Kollegin von Jack Harper gefallen. Ihre Frisur und ihr
Make-up korrespondieren wunderbar mit ihrem kalten, fast
roboterhaften Spiel. „Oblivion“ ist alles in allem ein sehr guter
Science-Fiction-Film mit visuell starken Momenten, wenn auch die
hochauflösende Digitalbildoptik nicht immer mit dem
Postapokalypsethema harmoniert. Trotz einiger Action- und Ballerszenen
erzählt Regisseur Kosinski die Geschichte wohltuend unaufgeregt.
Zukunftsfilme dieser Art würde man gerne öfter sehen. Fans sollten
sich dieses solide inszenierte Werk nicht entgehen lassen.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i>
„Plünderer“ // Swimming-Pool-Szene // Raumstation Tet //
Luftkampf gegen die Drohnen</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung:</i> (8/10)</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-8735699708765130142013-08-21T22:49:00.000+02:002018-11-21T23:25:30.948+01:00Schwarze Messe der Dämonen<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Schwarze Messe der Dämonen</b> (OT:
L'Antichristo; AT: Der Antichrist, Italien 1974, Regie: Alberto de
Martino)</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Handlung:</i> Ippolita, die Tochter des
Aristokraten Massimo Oderisi, sitzt seit ihrem 12. Lebensjahr im
Rollstuhl. Ihr Vater hatte damals einen Autounfall verschuldet, bei
dem auch ihre Mutter starb. Jahre später, Ippolita ist nun eine
junge Frau, hat ihr Vater eine neue Geliebte, die er heiraten will.
Voller Neid schaut Ippolita auf die neue Beziehung ihres Vaters,
während sie selbst unter ihrer Behinderung und der Einsamkeit
leidet. Nach einer von einem Psychiater durchgeführten
Hypnosesitzung entwickelt Ippolita Charakterzüge einer vom Teufel
Besessenen und fängt an, ihre Umgebung zu terrorisieren...</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i><br /></i>
<i>Kritik:</i> Der Erfolg von William
Friedkins „Der Exorzist“ 1973 hat eine wahre Welle an Nachfolgern
auf den Plan gerufen. Einer von ihnen ist „Schwarze Messe der
Dämonen“ (AT: „Der Antichrist“) aus dem Jahr 1974. Die
Italiener waren gerade in den 70er-Jahren wahre Meister darin,
Rip-offs von erfolgreichen Blockbustern zu drehen. Und diese Filme
waren oft gar nicht so schlecht, zeigten eine ganz eigene Atmosphäre
und einen typisch italienischen Stil. „Schwarze Messe der Dämonen“
ist ein Beispiel für so einen gelungenen Film. Er geht in vielen
Bereichen weiter als „Der Exorzist“ und dringt tiefer in die
Problematik und Ursachen der Besessenheit ein. Der Teufel sucht sich
seine Opfer nicht willkürlich aus, sondern erwählt die Personen,
die ihm am anfälligsten erscheinen. Von sexueller Begierde erfüllt,
sehnt sich Ippolita nach einem Mann und einer Partnerschaft. Sie
versucht alles, um ihre Lähmung zu überwinden. Sie hofft auf
Wunderheilung durch eine Madonnen-Statue und lässt sich von einem
Psychiater hypnotisieren. Aber weder Religion noch Wissenschaft
können sie von ihrem Leid erlösen. Und in diesem schwachen Moment,
erfüllt von Enttäuschung, unerfüllter Begierde und Hass auf den
Vater, schlägt der Teufel zu und holt sich sein Opfer. So gesehen
steckt in „Schwarze Messe der Dämonen“ mehr Gesellschaftskritik
als in „Der Exorzist“, und die Besessenheit ist kein quasi
zufälliges Ereignis, sondern erscheint folgerichtig.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Eindringlich zeigt der Film die
Entwicklung der braven Ippolita zur vom Teufel besessenen Furie,
wobei Carla Gravina, die die Ippolita spielt, schauspielerisch eine
tolle Leistung abliefert. Setting, Kostüme, Masken und die
wundervoll atmosphärisch fotografierten Bilder tragen ihren Teil zum
gelungenen Gesamteindruck bei. Wunderbar auch, dass es hier noch
etwas abgefahrener zugeht als zum Beispiel in „Der Exorzist“:
Mal schwebt die besessene Ippolita aus dem Fenster heraus und hinein,
dann trennt sich ein Arm von ihrem Körper, schwebt durchs Zimmer und
hat nichts Gutes im Sinn. Das alles ist gekonnt inszeniert und wirkt
keinesfalls unfreiwillig komisch. Beeindruckend sind auch die Bilder
eines Teufelspakts aus dem Mittelalter, ein Ritus, in dem Ippolitas
seelenverwandte Vorgängerin, eine „Hexe“, sich dem Teufel
anbietet. Leitmotivisch zieht sich darüber hinaus das Motiv einer
geköpften Kröte durch den ganzen Film, und wir erfahren, dass nicht
nur Franzosen an dem Froschgetier ihren Gefallen finden. Oder musste
hier jemand ganz unfreiwillig eine Kröte schlucken? Wie dem auch
sei, der Film gefällt durch seinen Ideenreichtum (er ist keineswegs
ein Plagiat von „Der Exorzist“), seine Atmosphäre, eine
nachvollziehbare und spannend erzählte Geschichte und engagierte
Darsteller. „Schwarze Messe der Dämonen“ ist ein absoluter
Geheimtipp für Freunde des Exorzistenfilms.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i>
schwebende Ippolita // schwebender Arm // geköpfte Kröte //
Selbstmord eines Besessenen // satanische Messe im Mittelalter</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung:</i> (7,5/10)</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-52881480475173695762013-08-12T22:19:00.000+02:002018-11-21T23:25:57.943+01:00Insidious<br />
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Insidious</b> (OT: Insidious, USA 2010,
Regie: James Wan)</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i><br /></i></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Handlung:</i> Der Lehrer Josh Lambert
(Patrick Wilson), seine Frau Renai (Rose Byrne) und deren drei Kinder
ziehen in ein neues Haus und erfüllen sich so einen lang gehegten
Wunschtraum. Eines Tages fällt ihr Sohn Dalton, nach einem Unfall
auf dem Dachboden, in ein Koma, das die Ärzte vor ein Rätsel
stellt, denn sämtliche Untersuchungen lassen keinen medizinischen
Grund für das Koma erkennen. In dem Haus geschehen nun merkwürdige
Dinge, es scheint von Dämonen heimgesucht zu werden. Mit einem
erneuten Umzug wollen die Lamberts ihren Sohn retten und den
bedrohlichen Ereignissen entfliehen. Doch der Terror aus dem Jenseits
geht weiter...</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i><br /></i>
<i>Kritik:</i> James Wan, dessen thematisch
ähnlich gelagerter Film „The Conjuring – Die Heimsuchung“
gerade im Kino läuft, hat sich 2010 mit „Insidious“ fast schon
ein Denkmal gesetzt und gleichzeitig gezeigt, dass er nicht nur das
Körperhorror-Genre („Saw“) beherrscht. „Insidious“ bekam
vornehmlich positive Kritiken, und das zu Recht. Während kaum eines
anderen Geisterfilms habe ich mich bereits in den ersten dreißig bis
vierzig Minuten so oft gegruselt und erschreckt wie bei „Insidious“.
Dabei bedient sich Wan einer Rezeptur, die nicht gerade neu ist: Eine
durchgebrannte Glühbirne, Stimmen aus dem Babyphone, Klopfen an der
Tür und unheimliches Kindergekicher sind nur Vorboten der folgenden
unheimlichen Ereignisse in dem Haus und rund um die Familie Lamberts.
Schockeffekte wechseln sich in der souveränen Inszenierung ab mit
unheimlich atmosphärischen Sequenzen, in denen die Kamera zum
Beispiel nachts durchs Haus wandert, in dem alle schlafen, quasi auf
der Suche nach dem Unheimlichen. Nach und nach dringt das Unheimliche
immer tiefer ein in den intimsten Bereich der Familie, die eigenen
vier Wände. Die Situation wird zunehmend bedrohlicher. Wenn Daltons
kleiner Bruder seinen Eltern sagt, dass er Angst vor Dalton habe,
weil dieser nachts umherschleiche, dann geht diese gruselige Beobachtung nicht nur den Eltern
unter die Haut, sondern auch dem Zuschauer. In ihrer
Ausweglosigkeit wendet sich die Familie an ein Medium und eine Art „Ghostbuster“. Ab dem Zeitpunkt kommt es im wahrsten Sinne des Wortes zu einem
Richtungs- und damit auch Stilwechsel. Der Film bietet in der ersten
Hälfte mal subtilen Schauer, mal erschreckenden Horror und erzählt auf wunderbar gruselige Weise den Versuch des Eindringens böser,
dämonischer Geister ins Diesseits, wobei noch stark mit Andeutungen und der Erwartungshaltung des Zuschauers gespielt wird. Durch Informationen zweier
Frauen, des Mediums und der Oma des Jungen, klärt sich die
Geschichte zunehmend auf. Von Astralreisen ist nun die Rede und es
offenbart sich eine Familiengeschichte, eine Geschichte besonderer
Fähigkeiten, die Vater und Sohn gemein haben. Und ganz nebenbei
klärt sich, warum der Vater eine starke Abneigung dagegen hat, sich
fotografieren zu lassen. Er ist nun aufgerufen, ins Jenseits, das
Ewigreich zu „reisen“, um seinen Sohn zu retten. „Insidious“
wird in der zweiten Phase des Films zu einer visuellen
Geisterbahnfahrt, die Geister und Dämonen werden in längeren Einstellungen präsentiert, die Kamera zeigt das Geisterreich. Die Schwerpunkte der Inszenierung verlagern sich und es findet eine Entgrenzung des Handlungsortes statt. Die Handlung findet nun auch „draußen“ statt, jenseits der Mauern des Hauses. Einige Kritiker
werfen dem Film diese Wendung vor, sprechen von Stilbruch, was zwar stimmt, aber sich überhaupt nicht nachteilig auswirkt. Im Gegenteil: Der Film bleibt bis zum überraschenden Ende
spannend und gewinnt durch den Perspektiv- und Stilwechsel nur noch
an Reiz. Die Kohärenz der Geschichte leidet darunter in keinster
Weise. Wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte ihn sich unbedingt
anschauen. Eine spannende Story, glaubwürdige
Schauspieler und eine gekonnte Inszenierung machen „Insidious“ zu
einem Horrorfilmerlebnis der besonderen Art. Für mich ist
„Insidious“ von den vielen guten Geisterfilmen der letzten Jahre
einer der besten. Was vielen schwächeren Vertretern des Genres nicht
gelingt, zelebriert „Insidious“ bis zur Perfektion: Er ist
wirklich gruselig!</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i><br /></i></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i>
roter Dämon // Dämonen-Oma // Hand auf Bettlaken // Medium mit
Maske // Gestalt im Zimmer // Kind im Schrank</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i><br /></i></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung:</i> (9/10)</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-5511465115123108214.post-87828935914879615672013-08-06T22:15:00.000+02:002018-11-21T23:26:37.196+01:00Bait - Haie im Supermarkt<br />
<div class="separator" style="clear: both; text-align: left;">
<b>Bait – Haie im Supermarkt</b> (OT:
Bait, Australien/Singapur 2012, Regie: Kimble Rendall)</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i><br /></i></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Handlung:</i> Vor einem Jahr verlor der
Rettungsschwimmer Josh seinen besten Freund durch einen Haiangriff
und löste in tiefer Trauer die Verlobung mit dessen Schwester Tina,
weil er sich eine Mitschuld an dem Unglück gab. Nun arbeitet er in
der kleinen australischen Küstenstadt in einem Supermarkt. Genau in
dem Moment, als er dort seine Ex Tina wiedertrifft und zwei Gangster
den Supermarkt überfallen, kommt eine riesige Tsunamiwelle auf den
Küstenort zu. Die Riesenwelle überschwemmt den Supermarkt und das
dazugehörige Parkhaus und spült zwei hungrige Weiße Haie in das
Gebäude...</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i><br /></i>
<i>Kritik:</i> Der deutsche Zusatztitel „Haie
im Supermarkt“ klingt gewaltig nach billig gemachten Trash-Granaten à la
„Sharktopus“, „Sand Sharks“, „Two Headed Shark Attack“,
„Jurassic Shark“ und Co., die zwar auch zum Teil recht
unterhaltsam und lustig waren, aber denen es nie wirklich gelang,
eine Atmosphäre der Bedrohung aufkommen zu lassen. Hätte ich nicht
zufällig den Vorschau-Trailer von „Bait“ gesehen, hätte ich
diesen Film wohl links liegen gelassen. Zu viele schlecht gemachte
Haischocker gab es in der letzten Zeit. Doch schon die im Trailer
gezeigten Ausschnitte gaben Anlass zur Hoffnung, mal wieder einen
Haifilm der besseren Art zu sehen. Keine billig gemachten Haimodelle und kein letztendlich nur albern wirkender
selbstreferenzieller Humor. Der Film hat meine Hoffnungen nicht
enttäuscht. Schon die Ankündigung der Tsunamiwelle wurde gekonnt in
Szene gesetzt. Ein sich merkwürdig verhaltender Hund und ohne
Rücksicht auf Verluste landeinwärts fliegende Möwen, Krähen und
Elstern kündigen das drohende Unheil an, das dann auch nicht lange
auf sich warten lässt. Eine riesige Welle überschwemmt den
Küstenort und man wähnt sich in einem Katastrophenfilm der besseren
Sorte. Das jedoch nur kurz. Schon bald ist der Zuschauer mit einer
illustren Gruppe von Menschen im Supermarkt eingeschlossen, und wir befinden uns mitten im Tierhorrorfilm. Die Lage
scheint ausweglos, das Wasser droht zu steigen und neben durch die Katastrophe
entstellten Leichen schwimmen im Wasser zwei Weiße Haie. Einer im
Supermarkt, der andere im Parkhaus. Womit wir schon bei einer Stärke
des Films wären. Das Hin-und-her-Schneiden zwischen diesen zwei
Orten, an keinem möchte man gerne selber sein, erhöht die Spannung
noch mal immens. Neben der Bedrohung durch die Haie gibt es noch
zusätzliche Spannungselemente: Erderschütterungen, elektrische
Kabel, die dem Wasser bedrohlich nahe kommen, und ein durchdrehender
Krimineller. Das alles macht die Lage nicht leichter.</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Die große Stärke des Films, und darin
unterscheidet er sich von den meistens Haihorrorfilmen, ist das
Konzept des geschlossenen Raumes, dessen er sich bedient. „Bait“
spielt gleich auf mehreren Ebenen mit klaustrophobischen Ängsten,
was für den Zombiefilm typisch ist, für Haihorrorfilme aber
eher neu. Wir haben es hier im Grunde mit drei geschlossenen Räumen
zu tun, und es besteht keinerlei Hoffnung für die Protagonisten,
dass sich die Haie irgendwann entfernen, aufgeben und sich anderes
Futter suchen, denn sie sind ja mit den Opfern eingeschlossen. Neben
der Supermarkthalle, dem Haupthandlungsort, gibt es noch die
Tiefgarage, und in der Tiefgarage befindet sich unter anderem ein
Auto, in dem ein Pärchen sitzt. Das Auto steht fast bis zum Dach im
Wasser und um es herum schwimmt der Hai, der sich seine Mahlzeit
schon ausgeguckt hat. Die Kameraeinstellungen rund um diese Szenerie gehören für mich zu
den stärksten des Films.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
Guten Schauspielern, gelungenen
Kameraeinstellungen und einigen Schockmomenten und überraschenden
Wendungen stehen nur wenige schwächere Passagen gegenüber. Die
finalen Lösungen haben mir nicht ganz so gut gefallen. Und auch, dass aus dramaturgischen
Gründen Haie, sobald sie sich dem Opfer nähern, brüllende oder auf
jeden Fall bedrohlich wirkende Geräusche machen wie manches
Landraubtier, kennt man zwar aus anderen Filmen, ist aber
immer wieder gewöhnungsbedürftig. Kommt ja auch besser, als wenn
nur stumm und leise ein weiterer Mensch als Fischfutter dient.
Insgesamt ist „Bait – Haie im Supermarkt“ ein
überdurchschnittlicher Tierhorrorfilm, unter anderem weil man sich
mit den Schauspielern zum Teil sehr gut identifizieren kann und sich
der Film ernst nimmt und kein weiterer „Scream“ für
Haihorrorfilme sein will. Seit „Der Weiße Hai“, „Deep Blue
Sea“, „Open Water“ und „The Reef“ hat mir kein weiterer
Haifilm so gut gefallen wie „Bait“, der spannend ist und
tolle visuelle Effekte zu bieten hat. Ich habe ihn in der 2D-Version
geschaut, könnte mir aber anhand einiger besonders gelungener Szenen
auch vorstellen, dass er in 3D noch eine Schüppe drauflegt.
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bilder, die im Gedächtnis bleiben:</i>
Leichen im Wasser // Hai umkreist Auto // Hai nähert sich dem
„Käfigtaucher“ // Hai frisst Mann bis zur Hüfte</div>
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<br /></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<i>Bewertung:</i> (7/10)</div>
Frank Scheiperhttp://www.blogger.com/profile/06101027582168268130noreply@blogger.com