Extinction – The G.M.O. Chronicles
(Deutschland 2011, Regie: Niki Drozdowski)
Kritik: Ein Jahr vor der
Atomkatastrophe in Fukushima explodieren in diesem Zombiefilm in
Europa die Atomkraftwerke und nötigen den Protagonisten den Plan auf,
über Gibraltar nach Afrika zu fliehen, um der Strahlenkrankheit zu
entkommen. Und zwei Jahre vor dem NSA-Skandal telefoniert ein in
Deutschland tätiger NSA-Agent regelmäßig mit seinen Vorgesetzten.
Er weiß mehr über die Ursachen der Zombie-Apokalypse, doch nicht
einmal seiner Tochter hat er davon erzählt. Man kann Niki
Drozdowski, dem Produzenten, Regisseur und Autor von „Extinction –
The G.M.O. Chronicles“ in diesen beiden Punkten ein nahezu
prophetisches Gespür in der Themensetzung bescheinigen. Ein außer
Kontrolle geratenes Virus eines Biotechunternehmens ist die Ursache
dafür, dass sich die meisten Menschen in Zombies verwandeln (na
hoffentlich hat Drozdowski hier nicht noch eine weitere Vorahnung
verarbeitet).
„Extinction“ erzählt die Geschichte einer Handvoll Überlebender, die offensichtlich immun sind. Sie besorgen sich Nahrung und Waffen und verstecken sich in einem riesigen umzäunten Areal, einem ehemaligen amerikanischen Militärgelände. Hier wähnen sie sich zunächst in Sicherheit vor den schnellen und langsamen Zombies, die nur tagsüber aktiv sind und nachts in eine Art Starre verfallen. Doch einige Zombies entwickeln sich ständig weiter. Irgendwann werden sie auch nachts zur Bedrohung, und selbst hohe Zäune stellen für sie kein Hindernis mehr dar. Die Gruppe muss ihr sicher geglaubtes Versteck verlassen.
„Extinction“ ist ein deutscher
Zombiefilm, der in und um Köln gedreht wurde. Jeder Versuch, in
Deutschland dem Genrekino zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen, ist
grundsätzlich lobenswert. Und es gelingt dem Film sehr gut, eine
bedrohliche, apokalyptische Atmosphäre zu schaffen. Die Bilder von
Zombies, die durch erkennbar deutsche Straßen und Vororte laufen,
sind gelungen, prägen sich ein und gehen einem nahe, weil einem
alles so bekannt vorkommt. Das Bild des Atomkraftwerks, aus dem Rauch
aufsteigt, hinterlässt ebenfalls bleibenden Eindruck genauso wie der
Panoramablick auf das endzeitliche Köln.
Die entsättigten Farben und die teils
monochrome Farbgebung unterstützen den düsteren Eindruck der
Szenerie. Die Stärke des Films liegt besonders im visuellen Bereich.
Daher ist es wirklich, wirklich schade, dass „Extinction“ in
anderen Bereichen so stark abfällt. Die Figuren bleiben erschreckend
eindimensional und klischeehaft (der Scharfschütze aus dem Kosovo,
der Bundeswehrsoldat, der nicht zielen kann, die Tochter des Agenten,
der Kriminelle, der Eifersüchtige, der durchgeknallte Priester
etc.), die Dialoge sind mittelmäßig bis schwach und die
Nachsynchronisation hört sich grausam an - was die Aufmerksamkeit
noch mal besonders auf das gesprochene Wort lenkt. Der Film wurde in
Englisch gedreht und offensichtlich im Studio deutsch
nachsynchronisiert. Das ist übel, gerade vor dem Hintergrund, dass
man den Mut hatte, einen deutschen Zombiefilm in deutschen Städten
mit deutschen Schauspielern zu drehen.
„Extinction“ hat im Mittelteil
einige Längen und bei manchen Actionszenen fehlte es offensichtlich
an Genauigkeit. Wenn zum Beispiel deutlich hörbar nur ein Schuss
fällt, aber zwei Zombies gleichzeitig ungeschickt hinfallen, dann
mutet das doch sehr merkwürdig an. Und wie leicht die Zombies mit
Eisenketten gesicherte Tore eintreten (was ist da eigentlich mit den
Ketten geschehen?), gibt auch zu denken. Dass erwachsene Menschen wie
Cowboy spielende Kinder meinen, einen „Anführer“ wählen zu
müssen, stößt auf und reißt einen irgendwie aus der Geschichte.
Der Höhepunkt ist der Kriminelle, der 16 Tage in einer Zelle gesessen hat und sich ausschließlich von Toilettenwasser und Klopapier ernährt haben will. Sein Verhalten spiegelt in keinster Weise wider, was er durchgemacht haben muss. Er benimmt sich völlig ruhig, so als ob man ihn nur mal ein, zwei Stunden zu lange beim Arzt hat warten lassen. Der Film hinterlässt insgesamt einen zwiespältigen Eindruck. Der
Satz „Da wäre mehr möglich gewesen!“ drängt sich unweigerlich
auf. Einerseits visuell starke, realistisch wirkende Szenen einer
Apokalypse in Deutschland, andererseits allenfalls nur durchschnittlich agierende Darsteller, schwache
Dialoge, schlechtes Drehbuch sowie handwerkliche Fragezeichen. Das größte Fragezeichen
bleibt aber ein Zitat aus der „Kölnischen Rundschau“, mit dem
auf dem Cover geworben wird: „Szenarien wie bei ,Herr der Ringe‘.“
Na wenn das mal keine falschen Erwartungen weckt. Obwohl, Pfeil und
Bogen, Wald, eine Burg und „Gefährten“ bieten beide Filme. Na
dann...
Bilder, die im Gedächtnis bleiben:
kreischende Zombiefrau ohne Augen // rauchendes Atomkraftwerk //
Zombies klettern eine Burg hinauf und werfen Schatten an die Wand //
das Panorama des endzeitlichen Köln
Bewertung: (5,5/10)